Nachsatz:
Nicht nur Mensch und Natur hat bei uns einen sehr intensiven Eindruck hinterlassen, sondern auch die Unterwasserwelt ist unbeschreiblich schön. In einem Video haben wir versucht die einzigartigen Erlebnisse festzuhalten, wobei sie nicht mit der Realität mithalten können. Dies alleine bleibt nur bei uns im Kopf erhalten.
30.7. – 08.08.23 Langsamer Rückzug aus Französisch-Polynesien
Gemeinsam mit unserem Freund Tom auf seinem Katamaran Que Mas segeln wir recht rasant mit bis zu 30 Knoten Wind Huahine entgegen. In der Nacht erleben wir auch immer mal wieder meditative Phasen des Windes, trotzdem sind die 100 Meilen gegen Mittag des nächsten Tages Geschichte und finden darum in diesem Blog Erwähnung. Unsere Lieblings-Gesellschaftsinsel ist heute allerdings etwas unwirsch. Aus den Bergen fegen heftige Fallböen hinab, auch der Anker will sich hier nicht so recht in den französisch-polynesischen Boden eingraben und so finden wir uns am nächsten Morgen direkt neben der Fahrwassertonne für die Pass-Einfahrt nach Fare wieder. Der Anker rutschte also ungefähr 10 Meter, was für die Ankerwache, die wir immer abends aktivieren, noch im Toleranzbereich lag, so dass sie unseren verdienten Nachtschlaf nicht mit einem Alarm stören wollte. Übrigens hielt auch der Anker unseres Freundes Tom nicht und so verlassen wir gemeinsam entschlossen im ersten Morgenlicht Huahine und ziehen gen Raiatea. Ironischerweise landen wir nach dem Verlassen des Starkwindbereiches erst einmal in einer Flautenzone durch die Inselabdeckung. „Bleibt doch hier!“ ruft unsere Trauminsel! Aber das hätte man sich früher überlegen müssen! NUN IST ES ZU SPÄT! Bald frischt der Wind dann übrigens wieder deutlich auf und die paar Meilen sind schnell geschafft.
Auf Raiatea traf unsere Wahl auf eine anscheinend gut geschützte Bucht im Süden der Insel und tatsächlich finden wir hier nicht nur ein einsam-paradiesisches Plätzchen mit kostenloser Mooringtonne, nein, auch phantastischen Windschutz durch ein kleines Inselchen. Der Eintrittspreis für diesen besonderen Ort ist die etwas hakelige Riffpassage: Die östliche Dünung und die mit 5 Metern recht flache Einfahrt lässt das Gewässer hier kochen. Aber schon bald ist wieder Ruhe im Schiff und wir müssen uns nur noch Sorgen um Tom machen. Leider bekam er eine Leine in einen der beiden Propeller und kann nun nur mit einem Motor navigieren. Doch auch er ist bald bei uns und wir genießen Einsamkeit, Schnorcheln und Basteln an Bord.
Irgendwann zieht es uns aber weiter. Wir wollen in Raiatea ausklarieren und deshalb müssen wir in den Hauptort Uturoa in den Norden der Insel. Auch hier hat man sich bei der Errichtung der Insel ein paar Gedanken gemacht und ein tiefes Fahrwasser zwischen Außenriff und Insel vorgesehen. Wir können hier entspannt segeln und nutzen diese besten Bedingungen, unseren Parasailor (das neue Vorsegel) zu testen. Und, oh Wunder, alles geht ganz einfach. Schoten anbringen, Parasailor im Bergeschlauch nach oben ziehen, Bergeschlauch öffnen und schon rauscht eine fröhliche Esmeralda mit 1-2 Knoten mehr Fahrt dahin. Dass wir in Unwissenheit und geistiger Umnachtung die Backbordseite mit der Steuerbordseite verwechselt haben, ist ein kleiner Schönheitsfehler und wird beim nächsten Male korrigiert. Wir stehen ja zum Glück nicht alleine da mit den Zuordnungsproblemen von rechts und links:
manche meinen
lechts und rinks
kann man nicht velwechsern
werch ein illtum!
Das stammt natürlich nicht vom uninspirierten Schreiberling sondern von Ernst Jandl.
In Uturoa klarieren wir nun also aus. Schluchz! Aber einmal muss es ja sein. Noch einmal einkaufen in den guten Supermärkten und dann fahren wir mit Tom ein paar Meilen weiter zu einer Werft. Der Katamaran hatte mal bei einer Riffeinfahrt nicht aufgepasst und ein Hindernis mittig weggeschubst. Nun hat der Crossbeam einen Riss und da dieses Bauteil doch eine wichtige statische Bedeutung für den Katamaran hat, stellt er es dem Experten vor. Der kann das Bauteil natürlich nicht auswechseln, aber doch wenigstens schweißen und somit stabilisieren. Komplette Heilung gibt es dann für den kranken Katamaran in Neuseeland.
Da die Firma natürlich nicht sofort einen freien Termin hat, bleibt noch Gelegenheit, die Nachbarinsel Tahaa zu besuchen. Musste man in Südamerika sofort nach Ausklarierung das Land verlassen und dafür sogar eine Tageszeit angeben, nimmt man es hierzulande nicht so genau. Ein paar Tage Gnadenfrist hat man auf jeden Fall und kontrolliert wird es auch nicht.
Tahaa ist zwar schön, aber gnadenlos insbesondere von Charter-Katamaranen heimgesucht. Die Charterbasen finden sich gehäuft im Norden Raiateas und neben der nahegelegen Insel Bora-Bora stellt Tahaa für jedes dieser Boote ein Ziel dar. Leider sind auch die Riffe, wie zum Beispiel der berühmte Korallengarten, nicht so begeisternd und offensichtlich krank. Schade. Aber auch wir sind Teil der störenden Eindringlinge und so ist es nicht an uns hier offene Kritik zu üben.
Wie der aufmerksame Leser sicherlich schon gemerkt hat, fehlten in den vergangenen Wochen die großen Abenteuer. Dies fiel auch der wagemutigen Besatzung des Segelschiffes Esmeralda auf und so entschieden wir uns, dies zu beheben, für eine revolutionäre Art der Gasflaschenfüllung. Eine weitere Rolle spielte übrigens, dass das Befüllen der Flasche in Tahiti ungefähr den Preis eines Einspritzkrümmers entsprach. Wir folgten also Bauanleitungen aus dem auch hier bestens verfügbaren Internet und bastelten zwei passende Verbindungsstücke an einen Schlauch, borgten uns im Magasin eine volle polynesische Gasflasche und hängten diese in luftiger Umgebung über unsere leere deutsche Flasche. Nun wurden beide Flaschen per Schlauch verbunden und die Ventile aufgedreht. In den nächsten Stunden konnte die flüssige Gasphase dann Dank der auch hier vorhandenen Schwerkraft in unsere Flasche fließen. Den Füllungszustand kann man dann zweifelsfrei durch das Flaschen-Gesamtgewicht bestimmen. Da der geneigte Leser dies hier lesen kann, scheint ja alles ohne Explosionen abgelaufen zu sein.
Da der Begriff „Einspritzkrümmer“ fiel, wird der aufmerksame Gast unseres Blogs sich erinnern, dass dieser doch in geringem Maße sein Wasser nicht mehr halten konnte. Wie mag das wohl ausgegangen sein? Unser lieber Freund Frank hatte uns einen Neuen aus Deutschland mitgebracht. Nach dem kräftezehrenden Entfernen des recht verrotteten Bauteils fand sich an der Ansatzstelle eine elektrolytisch-bedingte Lochfrass-Stelle am Auspuffstutzen (Eisen an Aluminium befestigt, Spannungsreihe der Metalle…), welche zuvor nicht sichtbar war. Dies musste mit Metall-Epoxi, Dichtungsmasse und Schlauchschellen zur Druckerhöhung ausgeglichen werden und nun warten wir, bis sich das nächste Ersatzteil seinen Weg zu uns bahnt. Vorerst geht funktionert es.
Jetzt steht der Abschied von unserem Freund Tom an. Wir trafen uns mehrfach in Brasilien, waren einige Zeit in Ushuaia zusammen und konnten jetzt vier Wochen gemeinsam die Gesellschaftsinseln absegeln. Jetzt trennen sich mal wieder unsere Wege. Tom muss in die Werft und wir wollen so schnell wie möglich weiter nach Samoa. Da die Wetterbedingungen nicht so recht passen -viel Schwell durch ein im Süden vorbeiziehendes Tief- muss nun Maupiti wegen des recht zickigen Passes, der nur bei Idealbedingungen befahrbar ist, auf unseren Besuch verzichten. Das ist aber auch nicht so schlimm, ruft doch die Ferne. Am 8.8. ist das durcheinanderstiftende Tief vorbeigezogen und der Wind weht wieder aus den vorherrschenden östlichen Richtungen. Wir tauchen vormittags noch einmal an der Riffkante, welches leider auch in der Tiefe nicht so gesund aussieht und dann ist es soweit: der Auszug aus dem gelobten Land! Wir waren ein ¾-Jahr in Französisch-Polynesien und werden diese wunderbare Welt als etwas sehr Besonderes in unserer Erinnerung behalten. Eine Insel schöner als die Nächste, die Menschen so freundlich und hilfsbereit, französische Lebensweise gepaart mit der polynesischen: Wir waren sehr gerne Gast in diesem Lande! Auf Wiedersehen und vielen Dank!
25.06 – 29.07.2023 Gesellschaft auf den Gesellschaftsinseln
Als das Wetterfenster einigermaßen passt (der Ostpassat wechselt kurzzeitig auf nordöstliche Richtungen) verlassen wir das wirklich wunderschöne Huahine wieder ostwärts und tauchen am nächsten Tage nach einer etwas beschwerlichen Am-Wind-Segelei in der Cook-Bay von Moorea auf. Hier warten bereits unsere Eidgenossen von der Mon Bijou und auch Tom mit der Quemas ist nun endlich eingetroffen. Jetzt ist unsere Brasilien-Ushuaia-Truppe wieder komplett!
Wir unternehmen eine gemeinsame Wanderung und dann muss Mon Bijou auch schon weiter. Das Ziel ist letzten Endes Australien, wo ihre Reise beendet wird und das Schiff verkauft werden soll.
Wir bleiben mit Tom zurück, wandern viel und umrunden die Insel mit den Fahrrädern.
Dann müssen wir langsam wieder nach Tahiti zurück, hat sich doch zu unserer Freude unser Freund Frank zur einwöchigen Visite angekündigt. Die Zeit reicht aber noch, um die schöne Insel Tahiti einmal mit dem Boot zu umrunden. Wir machen die Erfahrung, dass es an den Kaps sehr ungemütlich in Bezug auf das Wetter sein kann und dass es tatsächlich auch Ankerplätze gibt, wo unsere zwei Schiffe mal alleine liegen. Am meisten beeindruckt uns der schöne Ankerplatz am Point Venus, wo wir nach einer rasanten Überfahrt bei reichlich Wind nicht nur guten Schutz finden, sondern auch die beeindruckende Bergwelt der Insel sich direkt vor unseren Schiffen ausbreitet.
James Cook beobachtete hier auf seiner Reise mit der Endeavour im Jahre 1769 den Transit der Venus vor der Sonne und ließ zu diesem Zwecke ein Observatorium bauen. Heute treffen sich die jungen Einheimischen an dieser Stelle und skaten, grillen und tratschen. Ein schöner, lebendiger Platz.
Und dann ist es auch schon so weit: Nach mehr als 24 Stunden Reisezeit trifft unser Freund auf dem Flughafen Faaa (ja, mit drei a!) ein und wir ziehen wieder zurück nach Moorea. Es ist schön, nach so langer Zeit wieder einen Gast zu haben, interessante Gespräche zu führen und einfach nur viel Spaß miteinander zu haben.
Jedes Jahr kommen im Juli/August die Walmütter zur Geburt ihrer Kinder in die Gegend um Tahiti und Moorea. Wir hören von unseren Bootsnachbarn, dass sie tatsächlich direkt vor der Cook-Bay ein Wal-Mutter-Kind-Paar sehen konnten und nun hoffen wir auch auf solch eine Begegnung und schleichen in Riffnähe kreuz und quer, haben aber kein Glück. Schade!
Leider kann Frank nur eine Woche bleiben und wir müssen zurück nach Tahiti. Und wieder einmal ist es Zeit für diese ungeliebten Abschiede… Wann wird man sich wiedersehen?
Zurück bleibt ein Koffer mit reichlich Ersatzteilen, welche noch eingebaut bzw. verstaut werden wollen. Als große Überraschung hat ein Parasailor (ein Spinnaker-ähnliches Vorsegel für Langfahrtsegler) seinen komplizierten Weg von Deutschland nach Tahiti gefunden. Was für eine Freude! Unser Blister hatte sich ja immer wie eine kleine Diva aufgeführt und insbesondere beim Bergen und Setzen die Besatzung reichlich gefordert. Mit einem Bergeschlauch ausgestattet und durch den speziellen Aufbau dieses Vorsegels sollte dies nun alles viel einfacher werden. Von hier geht ein herzlicher Dank an alle Geldgeber und Organisatoren dieser aufwändigen Aktion.
So, alles erledigt? Ja, es wird Zeit zum Abschied. Am 29.7.geht es los Richtung Westen. Ein nochmaliger Kurzbesuch auf Huahine steht an, dann wollen wir nach Raiatea, Tahaa und Maupiti. Fehlt da nicht noch Bora-Bora, die Trauminsel, die schönste Insel der Welt, fragt sich der geografisch kundige Leser? Ja, fehlt! Es ist sicher auch dort schön, aber überbordender Tourismus, Privatstrände, Mooring-Pflicht für Segler und viele weitere Reglementierungen haben uns abgeschreckt. All die Jahre machten wir die Erfahrung, dass solche Plätze nicht die unseren sind.
Vermutlich wird sich aber auch die Hafenbehörde von Papeete etwas einfallen lassen müssen. Entlang des Riffs zwischen Papeete-Zentrum und Marina Taina liegen vermutlich mehr als 300 Yachten. Einigen sieht man an, dass ihre Besitzer schon lange nicht mehr an Bord waren und manche Schiffe werden ihre Besitzer wohl nie wieder sehen. Viele offensichtliche Wracks werden von behördlicher Seite irgendwann entsorgt werden müssen und wir jedenfalls können gut verstehen, dass nicht alle Polynesier begeistert sind vom gegenwärtigen Boom. Es wird einfach zu eng für all diese Südseeträume. Hautnah machten wir diese Erfahrung, als nach der Rückkehr von einem Landgang ein 20m-Kutter direkt neben uns vor Anker liegt, natürlich ohne Besatzung, vermutlich von der Marina hier sorglos abgestellt. Nach kurzer Zeit frischt der Wind auf und dreht in seiner Richtung und nun befindet sich das Bugspriet des Bootes direkt neben uns und droht Solarmodule und Aufbauten zu zerstören. Wir können nur noch Esmeralda wegdrücken und müssen in großer Eile den Anker lichten und in der Enge kurz vor der Dunkelheit einen neuen Platz suchen.
Fast hilflos wirkte der Versuch der Hafenbehörde an unserem Abreisetag, hier etwas Ordnung zu schaffen: Man fuhr mit einem Motorboot von Yacht zu Yacht (sicherlich war höchstens jedes drittes Boot überhaupt besetzt) und teilte mit, dass der Ankerplatz in einem bestimmten Bereich geräumt werden müsse. Dann müsste man für ca. 100 Boote einen anderen Platz finden, was undenkbar scheint und vermutlich wird der geräumte Bereich auch schnell wieder mit neuen Booten gefüllt werden. In welche Richtung wird sich dies wohl noch entwickeln?
Es liegt nahe, dass vor 10-20 Jahren hier alles noch ganz anders, wilder aussah. Aber wir sollten froh sein, jetzt wenigstens diese Reise unternehmen zu können. In 10-20 Jahren wird es sicher hier auf Tahiti strengere Regeln für Segler geben müssen.
23.05. – 24.6.23 Gesellschaftsinseln – Tahiti, Moorea, Huahine
Tikehau ist so ein Atoll, wo die Gelassenheit der Tuamotus intensiv zu spüren ist, die Einfachheit des Lebens, die scheinbare unendliche Zeit, die einem Menschen zur Verfügung steht. Umschwirrten uns auf den geschäftigeren Inseln, wie zum Beispiel Fakarava oder Rangiroa, schon morgens die Motorboote mit Touristen oder Anglern, so scheint hier immer Sonntag-Vormittag zu sein. Egal, ob wir vor dem Ort ankern, irgendwo im Schutze eines Motus oder direkt am Pass: Die Sonne bestimmt den Rhythmus des Tages, nicht die Uhr. Die Inselwelt der Tuamotus wird für uns ein besonderer Platz auf dieser Reise sein. Nicht nur der schönen Unterwasserwelt wegen, nein, gerade die fast auswechselbare Einfachheit der flachen Palmeninseln und die Offenheit der Menschen ist die Essenz, das unverwechselbare Merkmal dieser Region. Und doch müssen wir irgendwann los hier. Nachdem sich in irgendeiner Nacht die dritte von fünf Servicebatterien mit Röcheln und Fieber aus dem Batterieleben verabschiedet, wird es langsam eng. Zwar hat uns der gute Rene (unsere Bekanntschaft aus der Anse Amyot) bereits 5 von den raren Batterien beim Spezialisten in Papeete reservieren lassen, doch da müssen wir noch irgendwie hinkommen. So heißt es Abschied nehmen vom nun erst einmal letzten Atoll und auch Makatea, welches als besonderes, gehobenes Atoll mit eindrucksvollen Industrieruinen aus der Zeit des Phosphatabbaus auf unserer Zielwunschliste stand, muss nun ohne unseren Besuch klarkommen. Einerseits wollen wir jetzt nicht mehr den Zusammenbruch des elektrischen Esmeralda-Lebens provozieren und andererseits steht auch Starkwind aus falschen Richtungen an. Makatea hat keine Lagune, man muss mit Glück eine der 4 Moorings an der Westküste erwischen und liegt dann recht schutzlos mitten im Pazifik. Das geht nur bei guten Bedingungen. Schade!
Aber Tikehau gibt uns nicht frei. Als wir im ersten Dämmerlicht, gleich neben dem Pass ankernd, uns auf die Reise nach Tahiti begeben wollen, hängt die Ankerkette trotz auftriebspendender Bojen fest an einem Korallenblock. So darf noch einmal im blauen Lagunenwasser getaucht werden und dann geht es wirklich los. Die 160 Meilen sind bei moderaten achterlichen Winden kein Problem und am nächsten Morgen taucht die imposante Kulisse der Hauptinsel von Französisch-Polynesien mit der Hauptstadt Papeete vor uns auf. Auch hier hat der Architekt dieser Welten ein schützendes Riff um die Insel gelegt und wir schlüpfen durch einen der Pässe hinter jenes, nicht ohne uns die Erlaubnis der Port-Control per Funk eingeholt zu haben. Die Flugplatznähe erfordert eine Koordination der Yachtpassagen und auch wir müssen einen Moment warten, so dass uns kein Flugzeug den Mast abrasieren kann.
Dann fällt der Anker an einem freien Plätzchen und wir schauen uns irritiert nun erst einmal um. Unendlich viele Yachten liegen hier, Autos hört man aus der Ferne, Flugzeuge landen und starten direkt neben uns: Auf welchem fernen Planeten sind wir gelandet? Wir bleiben mal sicherheitshalber heute an Bord, nicht ahnend, dass der große Schock noch auf uns wartet. Am nächsten Tage betreten wir behutsam und vorsichtig diesen anderen Planeten und trudeln relativ unvorbereitet in die Konsumwelt des Carrefour-Supermarktes. Man will es nicht glauben! Baguette in unendlicher Zahl, eine Riesenauswahl an Käse, ja sogar frisches Obst und Gemüse ist käuflich. Das müssen wir erst einmal verkraften und verlassen das Einkaufsparadies vorerst nur mit dem Nötigsten. In welchem fernen Lande hatten wir das zuletzt? Chile heißt das ferne Land.
Aber das Allernötigste sind die Batterien! Wir finden unseren Händler im Dickicht der Marina und tatsächlich sind noch fünf Energiespender für uns da. Wir haben uns diesmal für Gel-Batterien als Servicebatterien entschieden und diese Entscheidung fiel auch gar nicht so schwer, da nur solche zu haben waren. Es kann auch mal alles ganz einfach sein. Gelbatterien sind für diesen Zweck nicht das Schlechteste. Sie halten mehr Lade-Entlade-Zyklen durch als die bisherigen Säure-Blei-Batterien, sind jedoch als Starterbatterie eher ungeeignet. So kann sich die weniger gequälte 6. Batterie auf die Weiterreise freuen und bleibt an Bord.
Der nicht so an der Stromversorgung auf Segelbooten interessierte Leser mag jetzt gerne etwas weiter blättern und diesen Absatz überspringen. Aber wir fragten uns natürlich, warum unsere Akkus einen solch plötzlichen Tod (Ausfall einer Zelle) sterben mussten. Geladen wurden sie fast immer durch Solarenergie, welche durch einen modernen Regler eine batterieschonende Ladung ermöglichen soll. Beim Entfernen der alten Energieträger (mein Gott, man kann doch nicht in jedem Satz „Batterie“ benutzen) sehen wir große Mengen kristalliner Säure im Kasten und so ist eine Überladung durch fehlenden Temperatursensor am Regler zu vermuten. Hier ist es eben doch wärmer als in der Durchschnittsenergiespeicherwelt und an Belüftung fehlt es auch! Zum Glück ist ein solcher Sensor am momentan nie genutzten Landstrom-Ladegerät vorhanden und so wechselt dieser jetzt an den Solarregler gleicher Firma. Der Einbau der neuen Gel-Batterien dauert noch einen ganzen Tag: Detailprobleme und gerade heute mehrere Besuche von Freunden halten die unermüdliche schnelle Elektro-Eingreiftruppe des Segelschiffes Esmeralda von der wichtigen Arbeit ab. Doch dann ist es soweit und mit dem letzten Nachmittagslicht können die nicht gerade preiswerten Gelbatterien noch eine kleine Dosis des lebensspendenden Saftes in ihr Inneres schlürfen.
Warum ist in Französisch-Polynesien eigentlich alles so teuer? „Weil die Transportwege so unendlich weit sind!“ murmelt das Auditorium. Ja, aber das gute grellbunte Plastikspielzeug aus China wächst auch nicht auf deutschen Bäumen und muss weite Wege zum Verbraucher zurücklegen und ist trotzdem billig. Unsere Batterien mit der Marke eines großen niederländischen Herstellers kommen nachweislich aus Vietnam, was doch gar nicht so weit weg ist, wenn man die korrekte Richtung um die Erdkugel wählt. Trotzdem kosten sie fast doppelt so viel wie in Europa. Ein Mysterium!
Wir verbringen noch so einige wertvolle Lebenszeit in den reichhaltigen Baumärkten, Bootsläden und Spezialgeschäften und dann können wieder viele nützliche Verbrauchsartikel im Esmeralda-Bauch verschwinden. Noch ein paar Ausflüge in die grünen Berge von Tahiti – vorher muss man sich noch durch die graue Kruste namens Papeete quälen- und dann tauchen auch schon die Segelfreunde auf. SYBO ist schon eine Weile da. Die nächsten sind unsere Eidgenossen von Mon Bijou, die wir zuletzt in Ushuaia sahen und auch Marlene und Loud von Rafiki tauchen auf. Welch Freude! Wir verbringen so einige Zeit miteinander, es gibt natürlich viel zu erzählen und sogar ein Automobil wird zum Zwecke der Inselumrundung gemietet.
Doch Fernweh ist mächtiger als all die gemütlichen Sundowner-Runden mit lieben Menschen! Der tückische Pazifik will bezwungen werden, also Anker auf und hoch die Segel! Uns zieht es nach Moorea; 13 Seemeilen muss der Esmeralda-Kiel durchfurchen bis wieder ein schützendes Riff Boot samt tapferer Besatzung in seine Arme schließen kann. Nach gründlicher Vorbereitung starten wir am Mittag und, oh Wunder, bereits am Nachmittag sind wir in der Cook-Bay der tahitianischen Nachbarinsel. SYBO ist auch schon da und es kommt zur begeisterten Reunion (die wievielte eigentlich?) der befreundeten Boote samt Besatzung. „Tahiti, wir kommen wieder!“ so die einhellige Esmeralda-Meinung, ist doch Mitte Juli mit Besuch aus der Heimat zu rechnen.
Moorea lädt mit einigen Wanderwegen zur Besichtigung ein, was wir auch freundlich annehmen. Grüne Wälder, steile Berge mit wunderschönen Ausblicken und rauschende Bäche, über Kaskaden ins Tal stolpernd, beglücken die Naturfreunde der Esmeralda-Crew.
Es wird am Riff im blauen Meer geschnorchelt und auch das recht touristische Stachelrochen-Streicheln steht irgendwann auf der Liste der Unternehmungen. Das hiesige Fremdenverkehrsamt konnte ein Rudel dieser Knorpelfische für die Besucherbetreuung gewinnen und an einem bestimmten Platz im brusttiefen Wasser ansiedeln. Sesshaftigkeit wird natürlich belohnt: Für das Umschmeicheln der blassen Urlauberbeine (natürlich schmuggeln sich immer wieder ein paar braune Seglerbeine dazwischen) gibt es Thunfisch vom Alpha-Tierchen, erkennbar am Goldkettchen und der Spiegelsonnenbrille. Unberechtigterweise hatten sich übrigens auch ein paar Riffhaie eingefunden.
Nun ist´s aber genug und nach einer beschaulichen Nachtfahrt und 80 Seemeilen später sind die eindrucksvollen Berge von Huahine vor dem Esmeralda-Bug.
In der Bucht von Fare, dem Hauptort der Insel, sind wir zuerst zu finden. Der aufmerksame Leser wird es sicherlich schon ahnen, ja, auch SYBO taucht später hier auf und gemeinsam genießen wir den wirklich mal preislich angemessenen Sundowner zur Happy Hour im uferseitigen Yachtclub. Gemeinsam hecken wir den Plan aus, die Insel am nächsten Tage per Kraftfahrzeug im Rahmen einer Expedition zu erforschen. Zu diesem Zwecke mieten wir ohne Rücksicht auf jegliche Peinlichkeit eines dieser knallroten hochtouristischen Elektromobile und haben gehörigen Spaß auf den Straßen und Wegen der Insel.
Erschließt sich die landseitige Schönheit einer Insel oftmals eher von der Wasserseite aus, so ist doch die faszinierende Vielfalt des Meeres in seinen wechselnden Farben eher aus der Höhe zu erleben. Immer wieder gibt es wunderschöne Ein- und Ausblicke auf überschaubare Buchten und den Pazifik in seiner unendlichen Weite.
Doch ein paar Tage später ist es soweit – Sybille und Bo wollen nach Raiatea und später weiter westwärts, Esmeralda will noch einige Buchten auf Huahine besichtigen – und unsere Wege trennen sich, eventuell doch für unbestimmte Zeit. Ein Seglerschicksal! Aber das Leben hat nun einmal nicht nur Schattenseiten, sondern auch Nachteile!
Und als wäre dies nicht schon betrüblich genug, so gibt es immer wieder schockierende Verstopfungen unseres Seewasser-nutzenden Kühlschrankes und sogar des Meereswasser ansaugenden Wassermachers zu beklagen. Vermutlich durch den intensivierten Ananasanbau auf den Gesellschaftsinseln kommt es zur Einleitung von Düngemitteln in das Meer, was wiederum eine die Riffe überwuchernde und erstickende Seegrasart fördert, welche dann im Meer treibend auch noch Seewassereinläufe auf Booten zusetzt. Seit unserer Ankunft auf Tahiti müssen wir immer wieder diese Zuläufe von den Pflanzenresten befreien, was mit mehr Aufwand verbunden ist, als auf dem ersten Blick zu vermuten ist.
Doch die Vielfalt dieser Insel mit ihren ungezählten kleinen Buchten, wo man auch noch als einzige Yacht vor imposanter Naturkulisse dümpeln kann, ist der mehr als angemessene Lohn für diese kleinen Mühen der Ebene.
28.04. – 22.05.2023 Der Tuamotus 2. Teil, westlicher Bereich
Eigentlich wollten wir in Fakarava noch wenigstens eine Nacht am Nordpass verbringen und dort nach einem letzten Tauchgang einen romantischen Abend am Palmenstrand verbringen. Aber es kam ganz anders: Nachdem wir schon uns auf den relativ kurzen Weg gemacht hatten, bekamen wir eine Information, dass es eine Schwellwarnung für die gesamte Region gibt, welche auch schon am Nachmittag wirksam wird. Trotz weiterhin vorherrschender mäßiger Winde soll es zu Wellenhöhen bis 4,5 Meter kommen. Schuld daran ist ein Sturm weit im Osten, der, wenn er uns schon nicht direkt belästigen kann, wenigstens seine Meeresbewegungen uns weit in den Westen hinterhersendet. Problematisch ist dann nicht nur die dadurch erzeugte Unruhe im Schiff, sondern auch der permanente Wassereinstrom über die Riffkanten in die Lagunenbadewanne hinein. Dadurch werden die über die Pässe auslaufenden Ströme verstärkt und auch das zeitliche Gefüge zwischen Ebbe und Flut komplett durcheinandergebracht. Um jetzt nicht mehrere Tage hier festzuhängen, weil die Pässe unpassierbar sind, entschließen wir uns spontan gegen Mittag bei gerade günstiger Tide Fakarava zu verlassen und direkt
Toau
anzulaufen. Ziel hier ist die Anse Amyot im Norden der Insel, ein sogenannter falscher Pass, welcher durch das Außenriff führt, wo dann aber die Weiterfahrt in Richtung Lagune durch ein Riff versperrt ist. Hier sind die Strömungsverhältnisse so, dass man zu jeder Zeit der Tide einfahren kann und außerdem schützt das östlich gelegene Riff vor dem angedrohten Schwell. Ideal, wären nur nicht die ungefähr 40 Meilen zwischen Fakarava-Nordpass und Anse Amyot, will man doch in den Pass bei Tageslicht einfahren. Dunkel wird es, wie überall in den Tropen, spätestens 18 Uhr und so wird nun auch mal wieder sportlich gesegelt. Zum Schluss darf dann sogar der wackere Perkins noch ein wenig mithelfen und im letzten Tageslicht stoßen wir zu den beiden französischen Booten in der kleinen Anse Amyot, welche dort bereits an einer Mooring-Tonne liegen. Auch für uns gibt es noch ein freies Plätzchen: Also kein Ankermanöver, sondern lediglich zwei kräftige Leinen an der Tonne befestigen, fertig!
Mit den französischen Seglern ist es folgendermaßen bestellt: Nichtfranzosen (Deutschen?) gegenüber sind sie zumeist etwas distanziert. Es bedurfte in der Regel des ersten Schrittes der Kontaktaufnahme durch die Esmeralda-Besatzung und dann war das gegebenenfalls der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Oder doch wenigstens der Beginn einer Bekanntschaft für die Zeit der Bootsnachbarschaft! Oder halt wenigstens ein freundlicher Gruß zurück. Oder nicht einmal das… Und so freuen wir uns gar gewaltig, dass Rene sofort zu uns rüberkommt und wir Grußadressen austauschen können und die üblichen woher-wohin-Fragen stellen und beantworten dürfen. Auch Claude und Eric vom anderen Nachbarboot winken fröhlich hinüber! Tatsächlich erweist sich unsere wetterbedingte Zwangsgemeinschaft in den nächsten Tagen als sehr kommunikative und gesellige Robinsonade. Kaffee und Kuchen hier, Sundowner dort, gemeinsames Kokosnuss-Pflücken auf den Motus: Mit kräftigen Hammerschlägen wird ein weiterer Nagel in das Bauwerk der deutsch-französischen Freundschaft getrieben. Unzerstörbar!
Wir bleiben genau 6 Tage hier. Da nach dem Schwell noch ein paar Starkwindtage folgen, ist an Abreise nicht zu denken. Schade, dass die legendären Restaurantbetreiber dieser Bucht, Valentine und Gaston, sich gerade zur Wahl in Fakarava aufhalten. Viele Segelbücher waren des Lobes voll über diese beiden Sympathieträger, welche neben guter Küche auch Familienanschluss und kostenlose Arbeitstherapien (Kopragewinnung) anbieten. Übrigens hörten wir, dass bei der Wahl die Partei, welche die Unabhängigkeit von Frankreich anstrebt, der große Gewinner war.
Dann passt das Wetter. Moderater Ostwind, normale Pazifikwelle, ja, und auch die Sonne scheint (Tut sich doch fast immer. Also die Sonne. Also scheinen. Kommentar vom Provider). Einhundert Meilen bis
Rangiroa
– kein Problem. Passfahrt in Rangiroa- vielleicht ein Problem. Wie schon erwähnt, ist der Strom in den Pässen sehr wechselhaft in Stärke und Zeit. Gerade jetzt nach diesen Wetterunbilden muss man mit allem rechnen und kann sich nicht auf die Berechnungen verlassen. Am Nachmittag geht es los. Frühestens gegen Mittag des nächsten Tages dürfen wir am Pass sein, da dann mit einlaufendem Strom zu rechnen ist.
Esmeralda meint es wieder zu gut und muss in der Nacht etwas gebremst werden. Das mag keiner an Bord!
Übrigens war der Baumeister, der die Atolle schuf, hier sehr fleißig. Wir fahren in reizvoller Vollmondnacht sehr dicht an Apataki, Kaukura und Arutua vorbei, welche dank der flachen Küste unsichtbar bleiben, jedoch manchmal sich durch das Donnern der Brandung bemerkbar machen. Ohgottohgottohgott, hoffentlich stimmt die Karte…
Allerdings sind wir nicht alleine auf dem Pazifik. Parallel zu uns ist ein weiteres Segelboot unterwegs, welches sich per AIS-Signal als deutsches Boot namens SYBO ausweist. Gleicher Kurs, auch SYBO muss etwas bremsen: Wir haben anscheinend das gleiche Ziel.
Gegen Mittag sind wir dann pünktlich am Tiputa-Pass. Rangiroa hat derer Zwei und es war nicht so genau herauszubekommen, welcher der Bessere, der Einfachere, der Ungefährlichere ist. Also nehmen wir doch einfach mal Tiputa. Die Auflösung dieses Rätsels bekommt übrigens der geduldige Leser wie auch die tapfere Besatzung des Segelbootes Esmeralda später geliefert.
Gemeinsam mit SYBO stehen wir etwas versonnen am Pass-Eingang. Man sieht schon so ein paar stehende Wellen (Strom gegen Windwelle), aber nach den Berechnungen des Guestimators sollte jetzt Stillwasser sein und so machen wir den Anfang. Wird schon gut gehen.
Der wackere Perkins dreht auf 2400 U/min und stampft beharrlich gegen die Welle in Richtung Lagune. Die Geschwindigkeit nimmt beharrlich ab und erreicht Null, ja gar auch Rückwärtsbewegung wird registriert. 2800U/min! 3000U/min! Ganz langsam geht es vorwärts, doch der gefährlichste Abschnitt steht noch bevor. Die Windwelle, die gegen die Stromwelle knallt und in ihrer Gewaltigkeit aus der Ferne so nicht erkennbar war, bricht über die arme Esmeralda samt der Besatzung herei$€@
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$€@ der Anker auf 10 Meter Tiefe. Dann kommen auch irgendwann SYbille und BO (=SYBO) vorbei: ein deutsch-dänisches Paar, sehr sympathisch! Wir verabreden uns zum Abendessen in einem der Restaurants und wollen jetzt aber erst einmal im Pass schnorcheln. Immer noch herrscht aber ein heftiger Auswärtsstrom und Tauchen wäre sehr gefährlich. Die Chance, in den Weiten des Pazifiks zu landen ohne Aussicht auf Rückkehr wäre zu groß! Wir begnügen uns mit dem naheliegenden Riff und sind begeistert von den vielen kleinen und großen Fischen, die teilweise in riesigen Schwärmen diesen Platz bevölkern. Übrigens ist auch in den weiteren Tagen im Tiputa-Pass kein in die Lagune laufender Strom erkennbar. Vermutlich ist so viel Wasser im Becken, dass daraus ein kontinuierlicher Ausstrom resultiert.
Sybille und Bo geben sich sofort als sehr gleichgesinnte Seglerfreunde zu erkennen. Wir unternehmen viel gemeinsam und brechen auch zusammen zur Blauen Lagune auf. Bei nur rudimentär-vorhandenem Wind brauchen wir für die 19 Meilen mehrere Stunden, aber es wird tapfer gesegelt.
Die Blaue Lagune liegt am West-Ende von Rangiroa und ist ein durch ein Riff abgetrenntes flaches Becken, umgeben von palmenbewachsenen Motus. Das Wasser ist nicht nur tiefblau, sondern weist auch Badewannentemperatur auf. Fast schon übertrieben schön! Wir verbringen den Tag mehr unter als über dem Wasser.
Wieder zurück am bekannten Ankerplatz nahe dem Tiputa-Pass dürfen jetzt auch wieder die Fahrräder an Land. Wir brauchen Bewegung, die Insel ist weit und der Hauptort 12 km entfernt. Dort werden die Satteltaschen mit dem Notwendigen gefüllt. Leider ist die Nähe zu den Gesellschaftsinseln mit der Hauptstadt Papeete jedenfalls nicht durch ein besseres Angebot an Obst und Gemüse zu spüren. Industriewaren zu den bekannten astronomischen Preisen, Benzin für den Außenborder, das war´s!
Auch das Füllen unserer leeren Tauchflaschen ist an Land nicht möglich. Von den Anbietern von Tauchexkursionen hören wir immer das gleiche Argument: Mit dem Füllen der Flaschen würden sie die Verantwortung für unsere Tauchgänge übernehmen und das können und dürfen sie nicht. Übernimmt in Zukunft der Tankwart mit dem Verkauf von Kraftstoff die Verantwortung für eventuelle Unfälle? Für uns klingt das nicht sehr logisch, aber eine Diskussion ändert da nichts. Vermutlich will man aus wirtschaftlichen Erwägungen Tauchgänge auf eigene Faust unterbinden und eventuell ist der Tod zweier Taucher vor einiger Zeit im Tiputa-Pass ein weiterer Grund. Im guten gefüllten Ankerfeld finden wir übrigens später einen englischen Katamaran, welcher einen Kompressor an Bord hat. Völlig unkompliziert werden unsere Flaschen gefüllt. Vielen Dank!
Unser beschauliches Leben wird unangenehm beeinträchtigt durch einen heftigen Squall, natürlich wie immer mitten in der Nacht. Für 2,5 Stunden frischt der Wind urplötzlich von Flautenstärke auf ca. 40 Knoten auf. Das Meer kocht und betrüblicherweise dreht der Wind auf Nord. Auflandiger Wind; Strandung droht falls der Anker nicht hält. Esmeralda bleibt brav auf der richtigen Position, aber rundherum scheint es bei einigen Booten Probleme zu geben. Die fürchterliche Welle hat wohl den einen oder anderen Anker gelöst und so müssen diese Boote unter diesen Bedingungen im voll besetzten Ankerfeld einen neuen Platz finden. Absolut nicht beneidenswert! Lediglich der Ankerketten-Ruckdämpfer, ein 16mm starkes Seil, verabschiedet sich bei uns mit lautem Krachen und muss zum Schutz der Winch schnell ersetzt werden. Was für Gewalten…
Auch die Einheimischen müssen mit ihren Booten bei diesem Wetter auf die Lagune hinaus, da die auflandige Welle alles zu zerschmettern scheint, was sich ihr in den Weg stellt. Auch diese bedauernswerten Leute haben unser Mitgefühl.
Gegen Morgen ist der Spuk dann vorbei. Wir haben kaum geschlafen, sind aber froh, dass wir keine wirklichen Schäden zu beklagen haben. Auch sonst keine Freunde großer Bootsansammlungen, haben wir hier die Gefahr durch die vielen Ankerlieger wieder einmal hautnah gespürt. Treibt ein haltlos gewordenes Schiff auf ein anderes zu, gibt es kaum Hoffnung, dem auszuweichen. Und so beschließen wir uns noch einmal auf einen einsamen Platz zu verholen. Das Motu Paio in der Mitte der Lagune bietet ein wenig Schutz vor Welle und Wind und ist vor allem ein absolut einsamer Ort. Wir genießen die sternenklare und squallfreie Nacht, schnorcheln einmal um die mit einer wunderschönen Unterwasserwelt gesegneten Insel herum und wissen wieder, warum wir gerade mitten im Pazifik sind.
Den zweiten Pass auf Rangiroa, den Avatoru-Pass, haben wir uns auf unseren Fahrten in den Hauptort der Insel schon mehrmals ansehen können. Er wirkt etwas ruhiger und auch der Anlegeplatz für das Versorgungsschiff mitten im Kanal spricht für dauerhaft unkompliziertere Bedingungen. Hier wollen wir die Insel wieder verlassen! Die Passzeiten für eine hoffentlich problemlose Passage sind halbwegs günstig: Hier könnten wir 6 Uhr mit dem ersten Morgenlicht hinaus und in unserem nächsten Ziel
Tikehau
müssten wir spätestens 15 Uhr wieder in die Lagune reinstrudeln. In diesem Zeitraum sollten die 40 Meilen doch zu schaffen sein. So verlassen wir also unser kleines Paradies und ankern vor der Inselmetropole. Am nächsten Morgen verlassen wir ohne Probleme gemeinsam mit einer amerikanischen Yacht die Insel. Die Besatzung der Illimite´ haben wir beim Sundowner auf der SYBO bereits kennenlernen dürfen. Etwas unamerikanisch sind sie mit einem französischen Aluminiumboot ungefähr gleicher Größe wie das unsrige unterwegs. Nach Verlassen des Passes sind sie ungefähr eine halbe Meile vor uns und das ist eindeutig eine Regattasituation!!! (Dramatische Hintergrundmusik!) Das Lächeln auf den Gesichtern der Esmeralda-Besatzung verschwindet, die Augenschlitze verengen sich, alles ist angespannt. Schnellstmöglich die Genua ausgebaumt, das Großsegel (bei achterlichem Wind) auf der Gegenseite ausgestellt und nun nur noch vorsichtig atmen. Auch die Konkurrenz hat den Ernst der Lage erkannt und demonstriert durch dauerndes Herumzuppeln an den Segeln, dass sie sich nicht kampflos uns ergeben werden. Tatsächlich kommen wir sehr langsam näher, doch am nördlichen Ende der Insel biegt Illimite´ unsportlich südlich ab und entzieht sich dem drohenden Zweikampf. Alles entspannt sich wieder.
Tatsächlich treffen wir uns in der Lagune von Tikehau zum Abend erneut. Während wir die Insel nördlich umfuhren, um zum Pass auf der Westseite zu kommen, nahm Illimite´ den südlichen Weg. Egal, wir hatten jedenfalls einen wunderschönen und rasanten Segeltag und konnten uns unproblematisch und zur rechten Zeit durch den Pass von Tikehau ins Inselinnere schlürfen lassen.
Hier liegen wir nun erst einmal am südlichen Inselende vor dem Örtchen Tuherahera. Ein kleiner Snack, ein Bäcker und 2 weitere Einkaufsläden sind die für uns interessanten Sehenswürdigkeiten. Ansonsten Palmen, gelber Sand, blaues Wasser – wer hätte es gedacht! Auch treffen wir wieder nur freundliche Menschen. Jeder grüßt und will auch wieder gegrüßt werden. Da muss man schon manchmal gut aufpassen…
Unser Ankerplatz bietet leider nicht viel Schutz vor dem vorherrschenden Ostwind und der entsprechenden Welle und so legen wir uns um in den Schutz eines Riffes und kleiner unbewohnter Motus. Die Pazifikbrandung donnert am nahen Außenriff und wir haben mal wieder so einen Lieblingsplatz auch hier auf Tikehau gefunden. Kokosnüsse ernten, die Fische begrüßen; viel mehr gibt es nicht zu tun. Zum Abend haben wir das Glück, zwei Mantas mit einer Spannweite von ca. 2 m nahe am Boot zu begegnen. Das Glück wird dann noch größer, als unsere Freunde von SYBO am nächsten Tage zu uns stoßen. Sybille und Bo waren schon einen Tag eher auf Tikehau eingetroffen und es ist schön, an diesem besonderen Platz wieder zusammenzufinden. Gemeinsam düsen wir mit ihrem PS-starkem Dinghy am nächsten Morgen zu einem kleinen Motu, welches als Manta-Reinigungsstation bekannt geworden ist. Wohl hauptsächlich in den Morgenstunden tauchen hier die Rochen auf, um sich von den an den Korallen lebenden Fischen die Parasiten entfernen zu lassen. Gebannt und fasziniert schauen wir den in nur geringer Tiefe schwebenden eleganten Tieren zu, die immer wieder im Kreis schwimmend tatsächlich von zahlreichen kleineren Meeresbewohnern im Rachenraum und unter den Flügeln innig bearbeitet werden. Was für eine wunderbare Welt, was für wunderbare Tiere!
19.3. – 27.4.23 Tuamotus
Eine der langbeinigen polynesischen Wespen gab uns den letzten Anstoß, das gastliche Hiva Oa zu verlassen und den Bug gen Horizont zu richten! Beharrliches Summen in unserer Küche weckte unsere Neugier und wir fanden die fleißige Dame beim Bau eines soliden Baus aus Lehm und Spucke für die Brut in den tiefen unserer Küchenablage. Ja, wir müssen weiter!
Anker hoch und schon geht es los. Ziel ist das 430 Meilen entfernte Raroia. Am ersten Tage geht es noch zügig voran. Der kräftige Ostwind treibt uns vorwärts und die von uns nicht so geliebte Insel Tahuata, welche wir passieren müssen, schickt uns die bekannten garstigen Fallböen und den widerwärtigen Schwell hinterher. Egal, schon bald sind die Erhebungen der Marquesas nicht mehr zu sehen und es kehrt Ruhe ein. Nicht nur an Bord, nein, auch um uns herum wird der Stille Ozean immer stiller und wir natürlich auch langsamer. So dauert es dann 4 Tage, bis wir vor der Passeinfahrt zur Lagune des Raroia-Atolls auftauchen. Und, oh Glückes Geschick, gerade zur rechten Zeit, denn in den kommenden Wochen müssen wir den ein- bzw. den auslaufenden Strom an den schmalen Pässen der Atolle beachten. Gegen den meist heftigen Gezeitenstrom in den schmalen Durchlässen würde der wackere Perkins nicht immer ankommen und außerdem gilt es noch, dem Phänomen Windwelle gegen Strom Beachtung zu schenken. Steht der Wind gegen den Strom können große, kurze und sehr ruppige Brecher auftreten, die der zarten Esmeralda arg zusetzen würden. Zur Berechnung der besten Zeiten gibt es ein Programm auf Excel-Basis (Der Gestimatoooorrrr!), mit welchem man den ansonsten sehr spärlichen offiziellen Daten über die Gezeiten auf den Tuamotus begegnen kann.
Raroia
Alles geht gut, schnell strudeln wir durch den Pass und können dann bald den Anker als einziges Boot vor dem kleinen Ort auf der Insel werfen. Auch hier gibt es eine Neuerung: Um die reichlich vorhandenen Korallen auf dem Meeresgrund zu schützen, „floaten“ wir die Ankerkette mit 3-4 Bojen. Somit liegt diese (die Kette) nicht mehr auf dem Meeresgrund und kann nicht über die Korallen schaben, was – ein angenehmer Nebeneffekt – auch zu weniger unangenehmen Geräuschen an Bord führt.
Bisher war uns nicht die Größe der Atolle bewusst gewesen. Raroia ist zum Beispiel 23 Meilen lang und 7 Meilen breit. So wirkt die Lagune wie ein Meer, da auch das begrenzende Riff rundherum, abgesehen von einigen palmenbewachsenen Motus, kaum erkennbar ist.
Jetzt aber schnell ins blaue Lagunenwasser! Wir werden begrüßt von einer Herde Doktorfische, die emsig an unserem – der Drecksbrühe in Atuona sei Dank – zugewachsenem Unterwasserschiff knabbern. Ein weiterer Grund für die langsame Reise offenbart sich.
Somit können wir in den nächsten Tagen Badefreuden mit wichtiger Arbeit am Schiff kombinieren. Unsere Freunde, die Doktorfische, lernen schnell: Wir haben sie nie mehr am Schiff arbeiten gesehen. Sie warten einfach unter dem Schiff, bis die Besatzung des Segelschiffes Esmeralda mit Spachteln bewaffnet die Nahrung ihnen ins weit geöffnete Maul schweben lässt. Da sage noch jemand, Fische wären dumm.
Bald aber drängt es uns ins Dorf. Hier leben ca. 100 Menschen und dies tun sie auf eine sehr ruhige Weise. Viele fahren Fahrrad, allerdings, wie auch später auf den anderen Inseln gesehen, mit Dreirädern. Sollte dies dem auch hier gut sichtbaren Übergewicht mancher Polynesier geschuldet sein? Ebenso sieht man viele E-Bikes, welche allerdings nicht per Pedale unterstützt werden müssen, sondern ähnlich einem Moped rasant über die Betonstraße flitzen.
Alle Menschen sind sehr freundlich zu uns. Man zeigt uns den etwas versteckten Einkaufsladen und führt uns zum Schuldirektor, welcher Herr über die von 11 Kindern bevölkerten Bildungseinrichtung ist. Dieser baut auf kleinen Humusbeeten Gemüse an, welches er auch verkauft und scheint damit der Einzige hier zu sein, der sich dieser Mühe unterzieht. Der Korallenboden der Atolle selbst lässt nur Kokospalmen und wenige weitere Pflanzen gedeihen, was aber den Menschen anscheinend genügt. Man lebt von Fisch und von dem, was das monatlich auftauchende Versorgungsschiff so bringt.
Bevor wir in die große Einsamkeit auf die andere Seite der Insel umziehen, wollen wir noch ein Problem auf bequeme Weise lösen. Während der Überfahrt ist mal wieder unser Blister eingerissen und so suchen wir nach einem Bewohner mit Nähmaschine, der uns das Segel schnell wieder zusammenflicken kann. Man führt uns wieder einmal, da Zeit anscheinend keine große Rolle spielt, direkt zum gewünschten Ort. Therese hat tatsächlich eine Nähmaschine und bestellt uns zum Nachmittag zu sich. Als wir pünktlich vor dem Haus stehen, dröhnt der Fernseher laut und man hört Therese schnarchen. Klar, um diese Zeit machen wir meist auch unsere Siesta, allerdings kam der Zeitvorschlag von ihr. Also machen wir uns lautstark bemerkbar und irgendwann können wir Therese tatsächlich erwecken. Als sie unser Tuchungetüm von Segel inspiziert, sinkt ihre Laune schnell und sie erklärt uns, dass die Reparatur nicht möglich ist. Ein vorbeikommender Mann (ihr Ehemann?) begutachtet das Teil ebenfalls und legt dann aber fest, dass Therese das machen wird. Hier ist die Welt anscheinend noch in Ordnung? Also kramt Therese die Nähmaschine hervor und gemeinsam versuchen wir an Hand der Bedienungsanleitung den Ober- und Unterfaden in die vorgesehenen Öffnungen einzufädeln. Nach einer Stunde sind wir nicht viel weiter und wir brechen das Experiment ab. Dann wird eben wieder mit den 4 Händen der Besatzung genäht! Ging ja früher auch.
Am nächsten Tag legen wir ab und schippern die 7 Meilen auf die andere Seite der Insel rüber. Naja, einfach „Rüberschippern“ trifft es nicht so ganz. Hier mal ein paar Worte zur Navigation innerhalb der Tuamotus. Früher wurde diese Region von der Berufs- wie auch der Freizeitschifffahrt möglichst gemieden. Frachtgut der Schiffe, die hier unterwegs waren, musste hoch versichert werden, da die Zahl der Schiffbrüche unverhältnismäßig hoch war. Grund dafür war das ungenaue Kartenmaterial und die Unmöglichkeit, in der Vor-GPS-Zeit mit dem Sextanten die Schiffsposition genau zu bestimmen. Oft sind die sehr flachen Inseln erst zu sehen, wenn es unter dem Kiel bereits knirscht und eine Befeuerung (Leuchttürme etc.) sind auch heute noch eher selten. Etwas einfacher wurde es, als per Radar auch nachts die Inseln besser zu entdecken waren. Heute sind die Karten zum Glück genauer und mit dem GPS weiß man immer, wo man sich befindet. Somit ist das Navigieren zwischen den Inseln nicht mehr problematisch und viele Segler tummeln sich jetzt in diesen Paradiesen. Anders sieht es aber in den Lagunen aus. Diese sind gespickt mit vielen kleineren und großen Korallenriffen, welche nicht ausreichend kartographiert sind. Findige Menschen kamen auf die Idee, GoogleEarth-Fotos bzw. die chinesische Variante (BingSat) in ein freies Kartensystem (OpenCPN) als Karte einzufügen. Hier sieht man recht gut die Korallenriffe als weiße Flecken im blauen Meer und kann diese umfahren. Da manche Korallenblöcke aber so klein sind, dass sie auf den Fotos nicht erkennbar sind und letztendlich wir auch den Bildern aus dem All nicht 100%ig trauen, steht beim Queren der Lagune eine Person auf dem Vorschiff und versucht die Riffe auszumachen. Hat man die Sonne im Rücken, sind diese an der hellblauen oder braunen Farbe recht gut erkennbar.
War schon die Ostseite des Atolls ein kleines Paradies so ist die Westseite doch noch mal etwas ganz Besonderes. Keine menschlichen Bewohner, nur eine große Zahl von Vögeln nistet auf den Motus und im Wasser kreisen zum Abend große Mantas um das Boot.
Die Lagune ist spiegelglatt, nur der Ozean brandet unaufhörlich mit Getöse an das Außenriff. Eine Besonderheit gibt es hier: Nahe unseres Ankerplatzes landete die Besatzung um Thor Heyerdahl 1947 mit der KonTiki nach seiner Überquerung des Pazifiks von Peru aus. Wir rudern zum KonTiki-Motu und finden hier tatsächlich einen Gedenkstein für den norwegischen Wissenschaftler, versehen mit vielen Lebenszeichen von zumeist norwegischen Besuchern. Noch beeindruckender ist allerdings die große Zahl brütender Vögel an diesem Platz. Überall schauen Kücken in allen Entwicklungsstadien aus den Nestern und beobachten furchtlos-neugierig die beiden Eindringlinge. Trotzdem merken wir schnell, dass dieser Platz der Vogelwelt gehört und wir rudern bald mit unserem Dinghy wieder zurück.
Makemo
Makemo, das nächste Atoll, welches wir ansegeln, ist etwas belebter. Der Hauptort bietet gute Einkaufsmöglichkeiten, zwei Restaurants und ein paar Straßen zum Bummeln. Irgendwann taucht dann auch mit Domino ein befreundetes italienisches Schiff (mit einem deutschen und bulgarischen Gast an Bord) neben uns auf und wir werden zu italienischer Pasta und guten Gesprächen eingeladen. Zuletzt hatten wir uns in Atuona gesehen und so gibt es viel zu erzählen.
Das Leben in der Nähe eines solchen Ortes bietet einige Annehmlichkeiten. Aber mit den Tuamotus verbinden wir eher einsame Palmenstrände und eine schöne Unterwasserwelt. Und so bleiben wir nicht lange hier und verholen uns bald ein paar Meilen weiter nordwestlich an einen durch ein Riff recht gut geschützten Ankerplatz. Doch auch hier gibt es zwei Häuser mit Bewohnern, welchen wir natürlich artig „Guten Tag“ sagen und um Erlaubnis bitten, hier ankern zu dürfen. Polynesische Höflichkeit, die erwartet wird! Nochmal ziehen wir einen Tag später um und jetzt passt es. Kein Mensch weit und breit. Wir ernten ein paar grüne Kokosnüsse am benachbarten Strand und genießen die Einsamkeit und die Schönheit der Natur.
Einsamkeit? Irgendwann wird uns klar, dass wir nicht alleine an Bord sind. Geräuschlos, aber doch hin und wieder sichtbar, huscht ein kleiner Gecko im Salon herum. Wie kommt ein Gecko zu uns an Bord??? Vermutlich hatte er sich auf Raroia in unserem Blister verkrochen, als wir diesen bei Therese auf dem Boden ausgebreitet hatten. Wir begrüßen unseren Gast freundlich, geben ihm/ihr den Namen Mucki und stellen ihm etwas Wasser und Nahrung an seinen bevorzugten Platz unter der Waschmaschine hin. Gerne würden wir unseren Gast auch wieder an Land bringen, doch Mucki lässt sich nicht so einfach fangen. Dann soll es so sein: Willkommen an Bord!
Noch eine Überraschung erwartet uns am Nachmittag: Anna, Martin und Jonathan kommen mit ihrem Kajak vom 2 Meilen entfernten Ankerplatz angepaddelt. Das deutsch-schwedische Paar mit 9-jährigem Sohn ist uns sofort sympathisch. Ein fröhlicher Nachmittag beginnt, an dessen Ende wir beschließen, am nächsten Tage gemeinsam zur Insel
Tahanea
weiterzuziehen.
Ungefähr 50 Meilen liegen zwischen unserem Ankerplatz und dem Mittelpass, unserer Eintrittspforte für das nächste Atoll. Da auch die Passzeiten (auslaufender Strom bzw. Stillwasser im Nordpass von Makemo, einlaufender Strom bzw. Stillwasser im Mittelpass von Tahanea) günstig sind, ist dies in einer Tagesreise zu bewältigen. Wir – der schwedische Katamaran Pachamama und das Segelboot Esmeralda – erleben einen wunderbaren rasanten Segeltag und können bereits am Nachmittag in die Lagune von Tahanea schlüpfen.
Tahanea ist ein unbewohntes Atoll und wegen seiner schönen Unterwasserwelt ein beliebtes Ziel unter den Seglern. Es gibt hier drei Pässe, welche wir mit dem Dinghy gegen den Strom durchfahren. Dann springen wir ins Wasser und lassen uns schnorchelnd wieder zurücktreiben. Ein wunderschönes und sehr gesundes Riff gibt es zu sehen mit einer Vielzahl von Fischen. Trompetenfische, Napoleonfische Muränen, Barracudas, Rochen und auch Haie in großer Zahl.
Bei Letzteren handelt es sich zumeist um die recht ungefährlichen Riffhaie. Diese sind wie alle Haie nachtaktiv und nehmen am Tage keine Nahrung zu sich. Außerdem kommt der Mensch als Beutetier für diese Fische normalerweise nicht in Frage. Somit nähern sich die Haie eher aus Neugierde und sollten sie doch einmal zu distanzlos werden, kann man sie durch Aufrichten und Zeigen der wahren Körpergröße wieder auf Abstand bringen. Anfängliche Scheu unsererseits verlieren wir schnell, sind doch die Haie hier überall – auch rund um unseren Ankerplatz – zu sehen und zeigen niemals Aggressionen, auch den vielen kleineren Fischen gegenüber. Gemeinsam mit unseren deutsch-schwedischen Freunden wechseln wir noch einige Male den Ankerplatz und stoßen immer wieder auf nicht vom Menschen veränderte Natur mit vielen Seevögeln und deren Brut und einer anscheinend intakten Unterwasserwelt.
Einziges Manko in dieser paradiesischen Welt ist, dass es immer mal wieder in den letzten Wochen ein paar, dem Alter unseres Bootes geschuldete, Baustellen gibt. Bereits auf Makemo war eine Batterie unserer Batteriebank an Altersschwäche gestorben und musste aus dem System elektrisch isoliert werden. Nun passiert dies hier ein 2. Mal mit einer weiteren Batterie. Insgesamt haben wir 6 Batterien von je 105 Amperestunden an Bord. Davon ist eine als Starterbatterie für den Motor separiert und von den anderen fünf Stromquellen, die den täglichen Strombedarf an Bord decken, sind nun nur noch drei am Start. Reicht das noch bis Tahiti? Erst dort werden wir die nunmehr 3,5 Jahre alten Nass-Batterien (Blei-Akkus) wechseln können, welche durch den täglichen Gebrauch (tägliche Entladungs- und Ladezyklen) nun auch rechnerisch ihr Lebensende erreicht haben dürften. Ohgottohgottohgott…
Als wenn dies nicht schon reichen würde, finden wir neuerdings auch Wasser in der Motorbilge. Der wackere Perkins lässt sich sein Geheimnis, woher das Wasser stammt, nicht so leicht entlocken. Da muss man ihn schon starten und eine Weile suchen. Der Einspritzkrümmer ist´s, der hier für Feuchtigkeit sorgt. Viele Jahre gequält mit heißen Auspuffgasen und heißem Seewasser aus der Kühlung zeigt er deutliche Korrosionszeichen. Wir umhüllen den Riss liebevoll noch einmal mit Epoxidharz, können aber bestenfalls die Inkontinenz etwas reduzieren. Hier muss bald ein Wechsel erfolgen, keine Frage! Tahiti ist das Zauberwort: Hier gibt es Baumärkte, Servicestationen für die wichtigen Motorentypen und auch einen Markt für Batterien. Außerdem erwarten wir im Juni dort Besuch, welcher sich mit etlichen Kilogramm Zusatzgewicht für Ersatzteile herumschlagen muss.
Während Pachamama jetzt schnell in Richtung Tahiti weiterziehen muss, haben wir noch etwas Zeit für einige Atolle. Zuerst geht es nach
Fakarava
Leider sind diesmal die möglichen Pass-Zeiten für die Ausfahrt in Tahanea und die Einfahrt in Fakarava nicht so günstig, was uns eine Nachtfahrt beschert. An sich ist das ja kein Problem, jedoch bleiben uns für die 52 Meilen ungefähr 14 Stunden Zeit, so dass wieder einmal getrödelt werden muss. Es bereitet förmlich körperliche Schmerzen, die sportliche Begeisterung der alten Dame Esmeralda durch Reffen der Segel soweit zu bremsen, dass die Geschwindigkeit ein gewisses Maß nicht übersteigt. Aber wir erreichen pünktlich zum Stillwasser morgens um 7.30 Uhr den Südpass und können uns sehr entspannt in die Lagune von Fakarava reinschieben.
Hier geht´s etwas touristischer zu. Zwar ist Fakarava nicht größer als die bisher besuchten Atolle, aber eine bessere Verkehrsanbindung durch tägliche Flüge nach und von Tahiti und die hier vorhandene Infrastruktur in Form weniger kleinerer Pensionen locken anscheinend Touristen in überschaubarer Zahl an. Vermutlich ist aber die legendäre Unterwasserwelt des Atolls der große Besuchermagnet. Der Südpass mit seiner „Wall of Sharks“ ist durch einige Dokumentationen mit spektakulären Bildern vielen Tauchern ein Begriff. Durch den Fischreichtum und insbesondere durch das massenhafte Auftreten von Zackenbarschen, die hier laichen, werden auch eine große Zahl von Haien angelockt, welche dann so dicht zu sehen sind, dass es wie eine Mauer von Haien wirkt. Aber auch der Nordpass soll einen außergewöhnlichen Artenreichtum an einem gesunden Riff bieten.
Wir bleiben also erst einmal im Süden und buchen einen Tauchgang mit einem Tauchguide. Der Strom ist zu diesem Zeitpunkt so heftig am Südpass, dass unser 4-PS-Außenborder nicht dagegen ankommt und uns das Tauchboot zu unserem Schiff zurückschleppen muss. Vielen Dank!
Wir sind froh, dass wir diesen Tauchgang nicht für uns alleine geplant haben. Ohne Kenntnis der lokalen Bedingungen könnte dies doch schnell problematisch werden.
Am nächsten Tage werden wir am Boot abgeholt und erleben dann den Zug der Haie in 20 Meter Tiefe. Sehr beeindruckend! Auch hier handelt es sich wieder insbesondere um Schwarz- und Weißspitzen-Riffhaie. Vermutlich an Publikum gewöhnt und satt dazu, zeigen auch hier diese schönen Tiere, wie auch schon auf Tahanea, nur wenig Interesse an den zweibeinigen Beutetieren.
Der Südpass als touristischer Höhepunkt der Insel lockt viele Boote an. Wir beschließen, nach der großen Einsamkeit auf Tahanea, uns erst einmal wieder langsam an die menschliche Allgegenwärtigkeit zu gewöhnen und ziehen nordwärts vor ein einsames Motu. Hier können wir uns auch wieder unsere Tagesdosis an Kokos-Trinknüssen organisieren. Da der Wuchs der Palmen selten unserer Körpergröße angemessen ist, bedarf es dazu technischer Hilfsmittel. Hochklettern gelingt nur, wenn der Baum eher in die waagerechte Richtung gewachsen ist (selten!). Anfängliche Versuche, mit dem verlängerten Bootshaken die Objekte der Begierde zu ernten, führten zur Beinahe-Zerstörung unseres Hilfsmittels (wir haben nur den einen!). Eine kleine Säge an einer Verlängerung angebracht erreicht kaum die richtige Stelle (man kugelt sich förmlich die Schulter aus).
Derzeitige Methode der Wahl ist das Ernten mit einem Seil. Eine Leine wird über einen langen Ast mit endseitiger Gabelung gelegt in Nuss-Nähe gebracht. Nun wird versucht, durch geschickten Schwung eine der beiden Seilhälften um die Nuss zu legen. Dies funktioniert dann so ungefähr beim 5.-10. Versuch. Liegt die Leine richtig am Hals (der Nuss!), wird kräftig gezogen und aufgepasst, dass der Brocken uns nicht auf den Kopf fällt. Unser Tagesbedarf von 4-5 Trinknüssen ist auf diese Weise relativ einfach zu beschaffen, gibt es doch Kokospalmen schier überall hier.
Zwischenbemerkung: Lieber technisch versierter Leser! Es ist uns klar, dass Du eine viel bessere Methode kennst, wie man Kokosnüsse ernten sollte. Dass man nur mit der Kraft seiner Hände und Füße ohne Hilfsmittel jede Palme erklettern kann… Wir bitten, von Rückmeldungen abzusehen! Kein Interesse! Es funktioniert ja…
Da der Wind untypisch in den nächsten Tagen auf Nord und dann Nordwest drehen wird, verlassen wir unser kleines privates Paradies und ziehen nordwärts in die Inselmetropole Rotoava. Hier sind wir ganz gut geschützt, auch wenn der schmale Palmensaum nicht gerade eine wirkliche Barriere bildet.
Da ist es wieder, das tosende und brausende Leben! Drei Lebensmittelmärkte, drei Restaurants, von denen sogar zwei abends geöffnet sind, ja auch eine Tankstelle ist vorhanden. Wir sind überwältigt! Batterien, um das elektrische Leben an Bord aufrechtzuerhalten, gibt es natürlich nicht. Hatten wir auch nicht erwartet. Nach einem Einspritzkrümmer fragen wir gar nicht erst! Aber schön ist es doch wieder einmal einen Ort zur Verfügung zu haben und nötig war es auch. Schon längst ist die letzte Kartoffel gegessen, das letzte Bier getrunken. Es gibt sogar ein Restaurant, welches unseren Vorstellungen von behaglichem Aufenthalt erstmals in Französisch-Polynesien entspricht. Kein grelles LED-Licht, keine Plastikstühle und Wachstuch-Tischdecken. Alles sehr gemütlich! Aber auch hier quält uns wieder diese seltsame Frau per Hintergrundmusik aus den Lautsprechern, welche uns schon seit Jahren in vielen Ländern in so manchem Restaurant verfolgte: Die kompletten Chart-Hits der letzten 50 Jahre wurden vollständig weichgespült, indem Madam die Texte ohne Emotionen ins Mikrofon haucht und auch die dazugehörigen Melodien klingen wie aus einem 50-Euro Synthesizer zusammengemixt. Was will diese Frau von uns? Warum verfolgt sie uns? In was für eine Verschwörung sind wir da geraten? Wie können wir diesem Schrecken entrinnen?
Auch die Fahrräder dürfen wieder mit an Land und wir machen erst einmal die Ortskontrollrunde. Wir freuen uns über die Bewegungsmöglichkeiten und das Sahnehäubchen auf dieser Freude ist, dass es keine Berge geben kann. Was haben wir uns doch manchmal auf Hiva Oa mit dem Fahrrad quälen müssen…
Warum gibt es keine Berge? Atolle entstehen aus Korallenriffen, die sich um vulkanisch gehobenen Meeresboden bilden. Sinkt dann der vulkanische Teil langsam wieder ab, entsteht die Lagune in der Mitte mit dem meist sehr schmalen Riffssaum rundherum. Auf den von uns besuchten Inseln ist dieser in der Regel höchstens 300m breit. Da das Korallenriff sich nur wenig über den Meeresspiegel erheben kann, gibt es nicht einmal Hügel. Allerdings sind gerade diese Inseln vom Klimawandel bedroht, da schon der Anstieg des Meeresspiegels um wenige Zentimeter ein Verschwinden von der Landkarte bedeuten kann. Übrigens gibt es auch wenige gehobene Atolle, welche also durch vulkanische Tätigkeit dauerhaft aus dem Meer gedrückt wurden. Ein solches Beispiel wäre das Atoll Makatea, wo es tatsächlich Berge gibt und keine zentrale Lagune. Da wollen wir auch noch hin!
Auch im Norden existiert es eine interessante Unterwasserwelt, der wir tauchend und schnorchelnd unsere Reverenz erweisen. Hat man erst einmal all die tausend Ausrüstungsgegenstände, die man zum Tauchen braucht, aus dem Bauch des Segelschiffes Esmeralda gepuhlt, macht es dann doppelt Spaß. Schön ist außerdem, dass gleich nahe unseres Ankerplatzes eine Tauchstation ist, wo wir unsere Flaschen wieder befüllen können.
Wir sind sehr dankbar, diese wunderbare exotische Welt erleben zu dürfen! Wir sind auch sehr froh, dies jetzt erleben zu dürfen, viele Jahre nach den letzten Atombombenversuchen der Franzosen auf dem Moruroa-Atoll. Es ist aus heutiger Sicht kaum vorstellbar, wie sorglos hier eine ganze Region radioaktiv verseucht wurde und die Gesundheit der Menschen in einem riesigen Radius nachweislich erheblich beeinträchtigt wurde. Krebserkrankungen, Totgeburten, Missbildungen, Hautkrankheiten traten überdurchschnittlich häufig bei der einheimischen Bevölkerung auf. Auch das hier überall bei Riff-Fischen auftretende Gift Ciguatera ist eine Folge der Atomtests. Da sich an den durch Bauarbeiten oder Explosionen zerstörten Riffen eine neue Algenart ansetzte, auf welchen wiederum giftproduzierenden Geißeltierchen gedeihen, reichern die sich von den Algen ernährenden Fische dieses Gift an, welches beim fischverzehrenden Menschen wiederum neurologische Symptome und weitere Auswirkungen auf den Körper hervorrufen, welche sogar zum Tod oder bleibenden Schäden führen können. Erst spät sind all diese Zusammenhänge bekannt gemacht worden und es bedurfte hartnäckiger Prozesse durch die Betroffenen, die französische Regierung zu einer Entschädigung zu bewegen. Weiterhin stellt sich auch die Frage, welche Folgen der Anstieg des Meeresspiegels in der betroffenen Region haben wird, führten doch die französischen Militärs die Versuche in Bohrlöchern tief in den Atollen durch, welche nun eventuell mit Wasser ausgespült werden und so erneut radioaktives Material in das Meer gelangt. Interessierten Lesern sei der Film „Aux enfants de la bombe“ empfohlen. Auch ohne Kenntnisse der französischen Sprache (Untertitel sind vermutlich verfügbar) offenbaren sich dem Zuschauer unglaubliche Erkenntnisse.
Leider zeigte und zeigt die französische Regierung keine Demut den betroffenen Menschen gegenüber. Es wurde nicht nur das Lebensumfeld zerstört, sondern auch die Lebensweise und Kultur der Menschen. Lange Zeit durfte in den Schulen nur französisch gesprochen werden. Der Gebrauch der polynesischen Sprachen war regelrecht verboten. Einkaufsläden wurden mit französischen Produkten überschwemmt, einheimische Nahrungsmittel verschwanden mehr und mehr und auch heute ist das Bild in diesen Geschäften anscheinend unverändert. Ölsardinen aus Marokko, Milchpulver von Nestle, Coca-Cola. Nach lokalen Produkten sucht man lange.
Einige französische Segler, mit denen wir ins Gespräch kamen, berichteten von der ablehnenden Haltung der Bevölkerung von Französisch-Polynesien ihnen gegenüber und zeigten Unverständnis, unterstützt das Volk Frankreichs dieses Land doch mit viel Geld. Aber ob mit Geld diese alten Wunden zu schließen sind?
9.2. – 18.3.23 Die Marquesas im Aszendenten zum Wassermacher
Nun ist es erst einmal Zeit, die wunderschöne Insel Hiva Oa auf dem Landwege kennenzulernen. Wir mieten ein Auto und konnten unsere neuen holländischen Bekannten Marlene und Loud überzeugen, mit uns zu kommen. Unsere lustige Truppe, ausgestattet mit dem gleichen grundsätzlichen Humor, zieht marodierend über die Insel, sammelt herrenloses Obst ein und bestaunt die historischen kulturellen Zeugnisse der polynesischen Urbewohner. Es ist schön, mal wieder Menschen gefunden zu haben, wo die Chemie von Anfang an stimmt.
Doch nun zu etwas völlig anderem! Das häufigste Wort der nächsten Wochen wird „Wassermacher“ sein. Diese Bezeichnung ist eventuell etwas missverständlich, darum eine kurze Erklärung:
Als wir unsere Reise starteten, waren wir der Meinung, dass der 800 Liter fassende Wassertank unseres Schiffes immer bis zu einer Marina oder einer Pier mit Wasseranschluss reichen wird. Außerdem hatten wir immer wieder von Problemen mit diesem technisch komplizierten Produkt gehört, so dass wir uns damals gegen den Einbau eines Wassermachers entschieden hatten. Nun hat sich aber einerseits die Qualität und Bedienfreundlichkeit von Wassermachern verbessert und spätestens nach Verlassen des südamerikanischen Kontinentes auch die Verfügbarkeit von gutem Trinkwasser verschlechtert. Auf den weitestgehend trockenen Tuamotus, die unser nächstes Ziel sein werden, dürfte die Wasserfrage dann noch komplizierter werden. Die halsbrecherischen Anlandungsmanöver mit dem Dinghy zum Wasserholen auf Rapa Nui haben uns letztendlich überzeugt, dass jetzt die Zeit für eine Veränderung erreicht ist. Auch die körperlichen Belastungen durch den Transport der 20-Liter-Kanister (vom Wasserhahn zum Dinghy, Herablassen dieser über die meiste hohe Pier, Fahrt zum Boot, dort Hochziehen selbiger) machte sich bei der Crew bemerkbar. Und als weiteres Argument zählte für uns, dass wir dank der guten Solarmodule und der reichlich vorhandenen Sonne überschüssige Energie für diesen Stromfresser zur Verfügung hätten. Es wurde beschlossen, sich dem Projekt Wassermacher seitens der Crew des Segelschiffes Esmeralda wohlwollend zuzuwenden!
Bei dem Wassermacher handelt es sich um eine Entsalzungsanlage, die aus Meerwasser durch Umkehr-Osmose Trinkwasser produziert. Wir ersparen dem geneigten Leser die Details. Es sind eine Reihe von Filtern, eine Druckpumpe und eine Membraneinheit notwendig, welche alle durch eine anfänglich unübersehbare Menge von Schläuchen verbunden werden muss. Da der hierfür nötige Platz auf unserem 12-Meter-Schiff sehr begrenzt ist und es von Seiten des Herstellers auch bestimmte Grundbedingungen für den Standort der Geräte gab, bedurfte es einer längeren Planung, wo wir all diesen nun einen passenden Schlafplatz bieten können. Natürlich ist ein solches Produkt auch nicht in Französisch-Polynesien verfügbar. Wir beschafften uns Angebote von Firmen in Neuseeland und in Liechtenstein und wählten tatsächlich den europäischen Händler, der uns ein gutes Angebot machte und auch noch durch eine sehr persönliche Beratung überzeugte. Unser Hauptproblem, die Lieferung auf die kleine Insel Hiva Oa, sollte nach Meinung der Experten in Liechtenstein eigentlich keine Hürde darstellen. Nun ja, dazu später mehr!
Nachdem wir also in die intimsten Bereiche des Segelschiffes Esmeralda geklettert sind, Schlauchdurchmesser und Distanzen gemessen haben, Standorte für die großen und kleineren Komponenten in Erwägung gezogen haben und meist wieder verwerfen mussten, war es soweit. Wir konnten die Bestellung aufgeben und jetzt war Geduld gefragt. Der Händler gab sehr optimistische 9 Tage als Lieferfrist an und wir beschlossen, die Zeit zu nutzen, um weitere Inseln der Marquesas zu besegeln.
Wir verlassen Atuona und segeln zur Bucht Hanamenu an der Westseite der Insel. Hier ist es wieder recht ungemütlich. Der aus östlicher Richtung wehende Passat schafft es irgendwie, in die nach Nordwesten offene Bucht in voller Stärke zu gelangen und so ist mal wieder eine Nacht mit Unruhe und reichlich Schwell zu ertragen. Im ersten Morgenlicht legen wir ab; unser Ziel ist Ua Pou, welches 60 Meilen entfernt ist und wo wir noch bei Tageslicht ankommen wollen. Dank des passenden Windes und des guten Blisters sind wir schnell unterwegs und laufen bereits am Nachmittag in die Bucht von Hakahau, des Hauptortes der Insel, ein.
Ein Wellenbrecher (eine Pier) macht seinem Namen alle Ehre und so finden wir einen ruhigen Ankerplatz. Der Ort gefällt uns sehr. Hier gibt es alles, was das Seglerleben lebenswert macht: Bankautomat, Einkaufsläden, Internet und 2 Restaurants. Fehlt da noch was? Nein, eigentlich nicht!
Trotzdem reißen wir uns hier irgendwann los und ziehen in die nächste Bucht namens Hakahetau.
Hier gibt es die Möglichkeit einer ausgedehnten Wanderung durch das Gebirge, welche für die Crew mit alpinistischen Ambitionen natürlich „ein Muss“ ist! Es geht hoch hinauf in die Berge mit seinen markanten phallusartigen Gipfeln, an einem Wasserfall vorbei, wo gebadet werden kann und, dem Sahnehäubchen der Tour, landet man auch beim deutschen Aussiedler Manfred, welcher hier in den Bergen lebt und Schokolade produziert, welche fast 100%ig aus Zutaten aus eigenem Anbau besteht.
Mit einfachen technischen Lösungen gelingt es dem Meister autark zu leben. So treibt ein selbstgebautes Wasserrad, bewegt durch den umgelenkten Fluss, eine simple Autolichtmaschine an und produziert ausreichend Energie für alle notwendigen Prozesse.
Eine nicht enden wollende Folge von schlüpfrigen Witzen treibt uns jedoch dann irgendwann wieder auf den beschwerlichen aber auch reizvollen Wanderweg. Ja, was für ein schöner Tag! Die Krönung ist dann die Nachricht von FedEx (der Name muss aus erzieherischen Gründen mal erwähnt werden), dass unser Wassermacher-Paket – sehr vorfristig – am heutigen Tage in Atuona ausgeliefert wurde. Irgendwie könnten wir es nicht ganz glauben, stände da nicht eine genaue Uhrzeit und sogar der Name der Person, welcher das Paket übergeben wurde. Als Lieferadresse hatten wir übrigens die Adresse der Werft in Atuona (natürlich nach Absprache mit dem Chef) angegeben. Für die Zollfragen hatte dieser noch seinen Agenten in Tahiti eingeschaltet, ohne welchen eine so bedeutsame Prozedur wohl nicht zu bewältigen ist. Wir machen es jetzt kurz: Das Paket ist natürlich nicht in Hiva Oa angekommen, sondern liegt in Tahiti. Zwei Tage später bekommen wir vom Werftchef eine Nachricht, dass für weitere 200 Euro der Transport per Flugzeug nach Atuona erfolgen könnte. Wir protestieren, haben wir doch schließlich für den Komplett-Transport bereits im Vorfeld bezahlt. Man bietet uns an, das Paket per Versorgungsschiff (was natürlich viel länger dauert) kostenfrei zu transportieren, worauf wir uns dann einlassen. Eine weitere Mail, mit der wir dies bestätigen sollen, kommt dann so kurzfristig an, dass unser Paket nicht auf diesem Schiff landet und nun ist wieder alles offen. Unser Werftchef, der alle Fäden in den Händen hat, reagiert nicht mehr auf unsere Versuche der Kontaktaufnahme und so wenden wir uns an die wirklich großartige Firma in Liechtenstein, die nun über ihre Kontakte mit FedEx die Götter zu einer Lieferung nach Atuona bewegen kann. Tatsächlich erreicht irgendwann das Objekt der Begierde per Flugzeug die Werft, wo wir es nach unserer Rückkehr abholen können, nicht ohne noch einmal um ca. 300,- Euro erleichtert zu werden (angeblich für den Agenten in Tahiti, Zoll und Lagerungsgebühren für die lange Zeit des Paketaufenthaltes dort (!!)). Eine Rechnung sehen wir dafür logischerweise nie! Es lässt sich auch nicht mehr klären, wer uns da alles noch finanziell erleichtern wollte, wir freuen uns nur über das Ende der Leidensgeschichte!
Nun wird es sicher den Einen oder Anderen geben, dem das Thema Wassermacher allmählich zu trocken wird (welch ein schönes Wortspiel, oder?) und so wenden wir uns wieder der wunderbaren Inselwelt der Marquesas zu.
Von Ua Pou segeln wir nordwärts gen Nuku Hiva, der Hauptinsel des Archipels. Im Hauptort Taiohae finden wir eine geräumige und ruhige Ankerbucht vor; der Eisenhaken fällt neben einem dieser Boote, welche im sonstigen Einheitsheer der Serienyachten noch unsere Aufmerksamkeit erzeugen können. Die Segelyacht Polka kommt wohl aus Prag und ist ca. 6-7 Meter lang. Grob zusammengeschweißt aus Metallplatten und Moniereisen trägt es einen ansprechenden Anstrich aus brauner Rostschutzfarbe und scheint jetzt längere Zeit (man sieht es an dem grünen Bart am Unterwasserschiff) unbewohnt zu sein. Gerne erführen wir die Geschichte zu diesem Boot und, egal was passiert ist, nötigt es unseren Respekt ab, mit diesem kleinen Boot letztendlich Französisch-Polynesien erreicht zu haben.
Nachdem wir das „Stadtleben“ in Taiohae ausgiebig genossen haben und sogar unsere deutsche Gasflasche (immer ein Abenteuer) füllen konnten, geht es westwärts nach Hakatea.
Auch hier wieder ein schöner Ankerplatz, welcher jedoch wegen der Ermordung eines deutschen Seglers vor Jahren (der interessierte Leser sei auf das Buch „Blauwasserleben“ von Heike Dorsch verwiesen) einen kleinen Beigeschmack hat.
Wir haben jedenfalls nicht nur überlebt, sondern wurden von einer einheimischen Familie grandios zum Abend bekocht und konnten, gemeinsam mit den jungen Norwegern vom Nachbarboot, ein sehr typisches polynesisches Essen genießen.
Am nächsten Tage wandern wir dann durch den dichten Wald zum (leider trockenen) Vaipo-Wasserfall, welcher mit 350 Meter Höhe wohl auf Platz 199 der Weltrangliste liegt. Tatsächlich hörten wir schon öfter in den letzten Tagen die Klagen der Menschen auf den Inseln, dass es seit 3 Jahren zu trocken ist. Auch hier ist Klimawandel ein bekannter Begriff.
Der Weg ist wunderschön, aber vor allem gefällt uns das ursprüngliche Dorf. So hatten wir uns Polynesien eigentlich immer vorgestellt. Keine Straßen, üppige Natur überall und sehr freundliche Menschen.
Jetzt wollen wir weiter in den Norden der Insel, wo es die eventuell schönste Bucht der Marquesas geben soll. Allerdings machen wir einen Abstecher zur Baie Hakahaa, da unser Trinkwasser zur Neige geht und hier bestes Wasser aus dem Hahn in Ankerbuchtnähe kommen soll. Auch diese Bucht erweist sich wieder also so friedlich und schön, dass wir beschließen, hier noch einmal auf dem Rückweg herzukommen.
Das nächste Ziel ist Anaho, eine Bucht, die sich sofort als polynesisches Paradies zu erkennen gibt. Ein paar ursprüngliche Häuser am gelben Palmenstrand, alles wieder gut geschützt hinter einem Felsvorsprung. Bei Marie gibt es Bananen und Avocados und Roger verkauft uns sogar Porree, Salat und anderes Gemüse aus seinem Garten.
Da es aber auch im Paradies mal langweilig wird, verholen wir uns in die Nachbarbucht Hatiheu, wo wieder einmal die üblichen Fallböen auf die arme Esmeralda einprügeln und der wilde Schwell uns aus den Betten wirft und ein Anlanden unmöglich macht. Seltsam, als wenn in 2 Meilen Abstand zur Lieblingsbucht Anaho sich ein komplett anderes Wetter aufgebaut hätte. Also schnell wieder zurück! Zwar kein Internet und keine Einkaufsmöglichkeit, aber dafür ein nettes Restaurant direkt am Ufer. Wir werden nicht nach unseren Essenswünschen gefragt, sondern es wird serviert, was eben heute in der Küche frisch vorhanden ist und das passt auch so.
Später machen wir eine schöne Wanderung von Anaho nach Hatiheu, so dass wir diesen Ort doch noch kennenlernen.
Langsam zieht es uns wieder nach Atuona, denn wir bekamen ja die Nachricht, dass unser Paket tatsächlich angekommen ist. Es gibt es noch den versprochenen Zwischenstopp erneut in Hakahaa, wo wir auf einen nördlichen Schwenk des vorherrschenden Ostpassat warten wollen, um das südöstlich gelegene Hiva Oa anlaufen zu können. Will man dem wackeren Perkinsmotor -seit 35 Jahren im Einsatz für die Menschheit- seine wohlverdiente Ruhe lassen und sich segelnd fortbewegen, bedarf es etwas Geduld, denn der unerbittliche westwärts setzende Passatstrom würde uns mir regulärem Ostwind sonst am Ziel vorbeischwemmen.
Die Zeit nutzen wir für Wanderungen im Umfeld des hübschen Dorfes Taipivai, besuchen eine Vanille-Plantage, hören uns den schönen Gesang der Polynesier während des Gottesdienstes an und treffen noch einmal mit Marlene und Loud, den Holländern, zusammen. Diese sind nun auch auf Nuku Hiva eingetroffen und haben ein Auto gemietet, so dass wir wieder gemeinsam das Landesinnere bereisen können. Erstaunlich ist der Wechsel der Landschaften. Bewaldete Berge, karge, fast steppenartige Areale und dann die Toovii-Ebene, welche uns eher an bayrische Voralpenlandschaften erinnerte denn an Südseeinseln.
Und dann gibt es auch schon die Hoffnung auf einen sanften Nordost-Wind und wir verlassen Nuku-Hiva und segeln unserer bekannten Ankerbucht in Atuona, immer unter dem Sternzeichen des Wassermachers, entgegen.
Nuku Hiva bot für die anspruchsvolle Besatzung des Segelbootes Esmeralda die besten Ankerbuchten. Tief eingeschnitten in das Land mit hohen Bergen rundherum ist man hier vor Fallböen und Schwell zumeist gut geschützt. Für uns die schönste und auch ankertechnisch die beste Insel der Marquesas.
In Atuona erwartet uns die nun schon bekannte Bucht: Voll mit Booten, das Wasser schmutzig, aber bester Schutz bei allen vorherrschenden Winden.
Wir holen unser schwergewichtiges Paket in der Werft ab und hieven es an Bord und schon geht es auch los mit der Bastelei.
Insgesamt werden es dann fast 4 Tage, welche wir für den Einbau und die passenderweise gleich mitvollzogene Reinigung des Wassertankes benötigen. Da wir den Hauptanteil der Filter und die Pumpe unter die doch sehr beengte Spüle bauen wollen, gleicht dieser Teil dem Tetris-Spiel, bei dem man sich auch noch beinahe die Finger brechen muss und immer die dritte Hand fehlt. Zum Schluss ziehen wir die unendliche Zahl von Schlauchschellen trotz Blasen an den Handflächen noch einmal nach und hoffen, dass alle Verbindungsstellen dem Druck von 6-7 Bar standhalten werden.
Für den großen Testlauf verlassen wir die Schmuddelbucht und ankern in gehörigem Abstand im Außenbereich, um nicht gleich am Anfang alle Filter zuzusetzen. Und, oh Wunder, alles funktioniert auf Anhieb. Schon nach wenigen Minuten können wir bestes Trinkwasser kosten und haben für die Zukunft anscheinend eine Sorge weniger. Dem Leser, der es bis zu dieser Stelle wohlwollend ausgehalten hat, versprechen wir, dass das Thema Wassermacher nun auch wieder beendet wird!
Mittlerweile ist auch unser neuer Vorstagbeschlag aus Tahiti eingetroffen. Sicherlich erinnert sich der aufmerksame Leser noch an den Bruch der Befestigung des Vorstags mitten auf dem Pazifik. Wir hatten ja dann eine ganz gute Lösung aus Bordmitteln zusammengebastelt, wollten jetzt aber doch dieses uns seit der Atlantikquerung beständig verfolgende Problem dauerhaft lösen und beauftragten die hiesige Werft mit dem Bau eines kräftigen Metallbeschlags. Hier war jedoch die Herstellung nicht möglich, so dass alles nach Tahiti weitergereicht wurde und dann tatsächlich, trotz langer Funkstille, einige Wochen später aus dem Imaginären dieses Wunderwerk des Metallbaus auftauchte. Auch jener wird montiert und so können wir eine weitere Dauerbaustelle nun für den Segelverkehr freigeben.
Jetzt wird es Zeit, neue Ziele zu erreichen. Unser Weg soll westwärts gehen in Richtung Tahiti und dazwischen liegt die schier unendliche Zahl von Atollen der Tuamotus. Die wollen wir natürlich sehen und da es dort mit der Versorgung (abgesehen von Kokosnüssen) wieder schlechter werden wird, müssen wir jetzt noch einige Male mit den Fahrrädern zum Einkaufsmarkt, Obst aus der Umgebung besorgen und letzte Kleinreparaturen an Boot und Motor vornehmen. Ja, und dann kann es eigentlich losgehen!
21.01.- 08.02.2023. Marquesas – Tahuata und Hiva Oa
43 Seemeilen sind es bis zur nächsten Ankerbucht auf Tahuata. Da bietet sich doch eine Nachtfahrt an, so kommen wir bei Sonnenaufgang an. Den Tag nutzen wir noch ausgiebig für Recherchen im Internet, unsere Stammkneipe hat bestes Netz, was wir außerhalb der Öffnungszeiten nutzen dürfen. Wann dann das nächste gute Netz kommen wird, wissen nicht einmal die Tikis (aus Holz oder Stein gefertigte Figuren, die halb Mensch, halb Gott verkörpern).
Mit dem letzten Tageslicht verlassen wir die Bucht. Esmeralda nimmt schnell Fahrt auf und rauscht mit 7 Knoten durch die Wellen. Ein schönes Gefühl aber leider sind wir viel zu schnell, wollen wir doch nicht mitten in der Nacht ankommen. Schweren Herzens greifen wir ein. Es wird soweit gerefft, dass nur noch eine minimale Segelfläche stehen bleibt. Die Geschwindigkeit ist gedrosselt, dafür setzt ein leidiges Schaukeln durch eine Kreuzsee ein. Hartnäckig verfolgt sie uns bis zum Morgen. Dann fällt der Anker in der Bucht Hapatonis, an der Westküste Tahuatas.
Tahuata ist die kleinste bewohnte Insel der Marquesas und zählt ca. 700 Einwohner, die sich auf vier Dörfer verteilen. Zwei an der Westkünste und zwei an der Ostküste.
Beim Landgang in Hapatoni entdecken wir eine Trocknungsanlage, die zur Gewinnung von Kokosöl (Cobra -Produktion) dient. Auf dieser wird das herausgebrochene Fleisch der Kokosnuss ausgebreitet und getrocknet. Eine ölhaltige Substanz bleibt zurück. Die wird in Säcke abgefüllt, verschifft und zu großen Cobra- Fabriken transportiert. Dort werden die Stücke gemahlen und das Öl herausgepresst. Das Kokosöl findet Verwendung in der Lebensmittel,- und Kosmetikindustrie.
Wir flanieren weiter und passieren die ortsansässige Schule. Die Kinder haben gerade Pause und spielen vergnügt auf dem Hof. Als sie uns erblicken, kommen sie auf uns zu gerannt und umarmen uns. Überrascht bleiben wir stehen. Mit Händen und Füßen und ein bisschen Französisch kommunizieren wir. Das Ganze endet im lustigen Grimassenschneiden. Viel Spaß haben wir miteinander. Die Kinder sind so ganz ohne Scheu. Ein sehr berührendes Erlebnis für uns.
Es zieht uns weiter und wir gehen 3 Meilen nördlicher in Vaitahu, dem Hauptort der Insel, vor Anker. Es braucht Benzin für unseren Außenborder, so machen wir uns während der Ortsbesichtigung auf die Suche. Tankstellen gibt es nicht.
Beim Herumfragen kristallisiert sich schnell der Name Jimmy heraus. Das scheint unser Mann zu sein. Jimmy finden wir in seinem Restaurant. Der mindestens 180 kg schwere Restaurantbesitzer hat anscheinend gute Beziehungen im Ort. Nach ein paar Telefonaten, kommt kurze Zeit später ein Auto angebraust. Man glaubt es kaum, aber der hat tatsächlich die gewünschten 5 Liter dabei. Wir staunen über den gut funktionierenden Buschfunk. Fast vom Hocker fallen wir allerdings, als wir den Preis von 3,00 € pro Liter hören. Was ein Glück, dass wir nicht den Tank von Esmeralda füllen müssen…
Unsere Schweizer Freunde mit ihrer Segelyacht Lupina, Pia und Köbi, sind nun auch eingetroffen. Wir verbringen viel Zeit miteinander. Gehen gemeinsam Wandern oder laden uns gegenseitig zum Nachtessen (wie die Schweizer sagen) ein.
Leider ist ja nichts perfekt, so auch hier nicht. Fiese Fallböen beherrschen die Bucht, so dass wir nach 3 Tagen entnervt fliehen.
Es geht in die Ankerbucht Anse Ivaivaiti. Sie wäre so idyllisch, wenn da nicht der Wind wäre, der mal wieder starken Schwell verursacht. Ein Anlanden ist undenkbar, die Brandung ist zu heftig. Wir vertreiben uns die Zeit mit Kleinreparaturen. An Land hören wir immer wieder einen Hund winseln, 3 Häuser sehen wir, aber die scheinen unbewohnt zu sein. Wer lässt denn seinen Hund da einfach so zurück? Uns tut er leid, wir wollen ihn besuchen. Kurz vor dem Strand bauen sich immer wieder große Wellen auf. Jetzt gilt es, den richtigen Zeitpunkt zu finden. Eine Zeitlang beobachten wir die Wellen, dann rudern wir was das Zeug hält. Mit einem filmreifen Looping landen wir am Strand. Wohl kein richtiger Moment! Egal, der Hund hat sich über Besuch gefreut.
Nächstes Ziel ist Hiva Oa.
Wir ankern in der Bucht von Atuona, Hauptort der Insel.
Endlich durchatmen, die Bucht ist gut vor Wind und Schwell geschützt.
Was für eine Lebensqualität! Das Anlanden ist einfach, die Werft bietet ein großes Angebot an Ersatzteilen und stellt den Seglern schnelles W-Lan zur Verfügung. Ein Paradies! Der Ort ist in 3 km erreichbar. Dafür lohnt es sich auch endlich wieder die Fahrräder rauszuholen. Neben einem Restaurant und 2 Supermärkten gibt es ein Museum über Gauguin und Jacques Brel.
Wir besuchen es natürlich. Zwar findet man keine Originale, aber Kopien von Gauguins Bildern und Informationen über seinen Aufenthalt auf Hiva Oa, sein Verhältnis zu den Eingeborenen und seinen fragwürdigen Beziehungen zu 14-jährigen Mädchen. Leider war der Teil über Jacques Brel geschlossen. Auf dem oberhalb der Stadt gelegenen Friedhof Cimetière Calvaire befinden sich die Gräber von Paul Gauguin und dem belgischen Sänger Jacques Brel. Dass es sich um das echte Grab von Gauguin handelt, wird mitunter bezweifelt, angeblich soll er namenlos und irgendwo im Dschungel beerdigt worden sein.
Das ewige Schleppen der Wasserkanister haben wir langsam satt, so dass wir mit dem Gedanken spielen, uns einen Wassermacher anzuschaffen. Ein großes Projekt, womit wir uns im Moment beschäftigen. Wir werden berichten.
14.12.22 – 20.01.23 Gambiers, Fatu Hiva – Marquesas
Um die müden Seglerbeine wieder etwas aufzuwecken, gehen wir relativ regelmäßig joggen. Eines Abends hören wir unterwegs ein klägliches Maunzen und wir finden 3 halbverhungerte Babykatzen mitten im Wald. Da keine Mutter auffindbar ist, sind diese vermutlich ausgesetzt worden und uns bleibt keine Wahl: Wir nehmen sie mit!
Allerdings können wir sie nicht mit an Bord nehmen (Was soll das werden?), sondern bauen ihnen ein Nest am Dinghy-Anleger, füttern sie und hoffen, dass sich eine Lösung finden wird. Die findet sich dann tatsächlich. Juliette und Titouan, zwei freundliche Franzosen, welche sich mit einem Bootsservice um die Gastsegler kümmern, übernehmen die 3 Vagabunden und finden tatsächlich auch ein neues Zuhause für die Herrschaften, Facebook sei Dank. Aber solange sie noch Gäste des „Yachtservice Rikitea“ sind, können wir jeden Tag mit ihnen spielen.
Das Weihnachtsfest verbringen wir ankernd vor Rikitea. Einerseits wollen wir uns in Erwartung einer fröhlichen Sangesrunde den Gottesdienst in der hiesigen Kirche ansehen und andererseits hat die deutschsprachige Gemeinde (SY Lupina aus der Schweiz, SY Limelight aus Deutschland und Esmeralda) beschlossen, am 25.12. ein gemeinsames Weihnachtsessen zu zelebrieren.
Der Gottesdienst ist eindrucksvoll: Ganz Rikitea, sogar die etwas missmutig aussehende Jugend, die sich die Zeit mit Internetrecherchen vertreibt, ist erschienen. Es wird tatsächlich viel gesungen, jedoch für unsere Verhältnisse recht trivial schlagerartig, so dass die romantische Stimmung für Weihnachten nicht zu finden ist. Sogar klassische europäische Weihnachtslieder klingen, als sollten sie einer Wertung in der ZDF-Hitparade (Gibt es die eigentlich noch?) standhalten. Dies wird jedoch alles wieder durch das Dinner for six am nächsten Abend ausgeglichen. Eine schöne Runde mit Menschen, die sich sofort recht nahe sind und dazu ein köstliches Mahl! Und weil es so schön ist, beschließen wir eine Wiederholung am letzten Tage des Jahres, diesmal jedoch auf der Insel Taravai. Wir hatten bereits beschlossen gehabt, die nächsten Tage in unserer Lieblingsbucht, der Baie Onemea auf der Westseite von Taravai zu verbringen und so kommt dies uns sehr entgegen.
Nach der großen Einsamkeit in der Bucht mit klassischem Kokospalmenstrand, fischreichem Riff und reichlich türkisblauem Wasser ziehen wir am 31.12. dann auf die Ostseite der Insel mit der völlig überdimensionierten Kirche und den 2 Familien, die hier leben.
Hier treffen wir nicht nur auf unsere Freunde, sondern können auch Valerie und Herve, die freundlichen Inselbewohner, wiedersehen. Bevor die eigentlichen Festivitäten an Bord beginnen, kommen wir an Land bei den beiden zusammen und trinken gemeinsam ein paar Gläschen. Für den nächsten Tag werden wir eingeladen zum Neujahrsempfang, welcher sportlich mit einem Boule,- und Volleyballspiel in internationaler Besetzung und natürlich einem Essen (Potluck: Jeder bringt gefälligst was mit!) seinen würdigen Rahmen finden soll.
Doch jetzt beginnt erst einmal die Seglerparty, welche in Form eines 3-Boote-Turnier ablaufen soll: Vorspeise auf der Esmeralda, Hauptgericht auf Limelight und Dessert auf der Lupina. Alle haben sich etwas Besonderes ausgedacht und dazu gibt es natürlich wechselnde Cocktails und ähnliche Getränke. An den nächsten Morgen denkt man nicht…
Statt eines Feuerwerks hat sich der große Weltenlenker heute ein Mitternachtswetterleuchten ausgedacht. Unter dem fast wolkenlosen Sternenhimmel sind wir von dem Schauspiel schwer beeindruckt!
Am nächsten Tage können wir noch eine Großfamilie aus Rikitea begrüßen und dann wird es ernst: Volleyball! Die Esmeralda-Crew ist aus verschiedenen Gründen etwas untrainiert, hat aber Spaß wie alle anderen auch.
Wieder zurück vor Rikitea beginnen nun die Planungen für die Weiterfahrt zu den Marquesas. Für die 800 Meilen (ca. eine Woche auf See) gilt es, dem gerade wieder recht dürftigen Angebot – das Versorgungsschiff war vor 3 Wochen das letzte Mal hier – das unbedingt Notwendige abzuringen. Bestes Trinkwasser und Obst (Bananen, Papayas und Mangos) sind dagegen problemlos zu bekommen: Bei einer unserer Wanderungen hält mal wieder ein freundlicher Einwohner in seinem Auto neben uns und erntet eine riesige Bananenstaude für uns auf seinem Grundstück. Mangos und Papayas wachsen wild und für Trinkwasser gibt es einen öffentlichen Zugang.
Am Sonntag dem 8.1. ist es dann soweit. Wir verabschieden uns von unseren Freunden und verlassen das Riff der Gambier-Inseln über den westlichen Pass. Da der Wind fast die gesamte Woche über aus nordöstlichen Richtungen weht, unser Ziel aber nord-nordwestlich von uns liegt, sind wir auf einem moderaten Am-Wind-Kurs unterwegs. An die Unruhe im Schiff, ausgelöst durch die von voraus auftreffende Pazifikwelle, muss man sich erst wieder gewöhnen, aber bald sind wir in unserem Rhythmus und können uns entspannen. Die Hauptarbeit, das Steuern, muss wie immer unser Aschenputtel, die Windsteuerung, übernehmen. Regelmäßig wird die dritte Person an Bord zum Mitarbeiter des Monats gewählt. Sie isst nicht, trinkt nicht, redet kein dummes Zeug und verbraucht nicht mal Strom. Nur Wind und hin und wieder etwas Zuwendung wird erbeten. Da es eventuell an letzterem fehlte, macht sie derzeit etwas viel Geräusche und hat etwas zu viel Spiel im Hauptgelenk, verrichtet ihre Arbeit aber trotzdem ohne Beanstandungen. Sicherlich muss hier ein Verschleißteil ausgewechselt werden und wir nehmen uns vor, Peter Foerthmann (Firma Windpilot), dem „Dr. Frankenstein“, der diese Kreaturen in Serie fertigt, mal um Rat zu fragen. Übrigens ist die menschliche Bindung zu diesen Wesen auf vielen Schiffen so intensiv, dass man der Windsteuerung in der Regel auch einen Namen verleiht. Dem konnten wir uns natürlich auch nicht verschließen und wir haben der Windsteuerung den Namen „Windsteuerung“ verpasst!
Am Sonntag dem 15.1. liegt dann gut sichtbar die südlichste Insel der Marquesas, Fatu Hiva, voraus. Schon bald fällt der Anker in der Baie Omoa! Wir sind sehr glücklich, die 800 Meilen so entspannt und ohne größere Probleme hinter uns gebracht zu haben.
Die Natur wirkt hier etwas wild-romantischer, die Berge sind höher und steiler als die der Gambier-Inseln. Aber die Menschen sind sicherlich genauso freundlich! Wir werden wieder schnell reichlich beschenkt und schon bald ist das Boot aufgefüllt mit frischem Obst. Pampelmusen, Bananen, Mangos und Limetten wachsen überall im Überfluss.
Thor Heyerdahl lebte übrigens hier ein paar Jahre mit seiner Frau. Kurz danach startete er seine KonTiki-Expedition. Leider findet sich kein Hinweis diesbezüglich. Schade!
Nachdem sich der starke Ostwind mit heftigen Fallböen etwas gelegt hat, können wir das Boot etwas beruhigter zurücklassen und die Insel zu Fuß erkunden. Der 2. Ort der Insel, Hanavave, liegt zwar Luftlinie nur wenige Kilometer entfernt, jedoch muss auf dem Landweg die Gebirgskette erklommen werden. So streckt sich die Wanderung auf jeweils 17km für den Hin- und Rückweg. Die erste Hälfte geht es steil bergauf, die 2. Hälfte dementsprechend wieder abwärts, da 660 Höhenmeter überwunden werden müssen.
Weil nun auch noch berstende Hitze herrscht, verschaffen wir uns etwas Erleichterung: Einen Teil des Hinweges trampen wir und geraten so an den ca. 150kg-schweren Dorfpolizisten, welcher alles aus seinem Pick-Up herausholt um seinen letzten Rekord für die Strecke Omao-Hanavave zu brechen. Welch ein Abenteuer! Am Ziel ist uns ein wenig übel. Hanavave ist ein ähnlich schmuckes Dorf mit freundlichen Einwohnern wie Omoa. Immer wieder fragt man uns nach dem Woher und Wohin. Lange halten wir uns dort jedoch nicht auf: Nun, wo wir schon einmal die Schrecknisse des Heimweges auf dem Hinweg sehen durften, planen wir doch etwas mehr Zeit ein. Es ist natürlich anstrengend, aber die wunderbaren Ausblicke und die grandiose Natur machen alles wieder wett.
Am Abend sind wir mit unseren niederländischen Anker-Nachbarn zum Essen in der hiesigen Bar verabredet.
Bei nun endlich auch mal polynesischer Küche und gutem Hinano-Bier aus Tahiti führen wir die doch meist sich ähnelnden Segelgespräche über Boote und Reiseziele. Ein schöner Abend!
Fatu Hiva ist eine wunderschöne Insel. Unser einziges Problem hier ist der ewige Schwell, welcher das Boot in Dauerbewegung hält. Anders als die Gambier-Inseln, wo ein Außenriff die Inselwelt vor der Pazifikwelle schützt, können hier die Naturgewalten ungebremst wirken. Trotz windgeschützter Lage im Westen entsteht eine konfuse Kreuzsee aus verschiedenen Richtungen, so dass es manchmal an Bord etwas ungemütlich wird. Somit wird ein demokratischer Mehrheitsbeschluss gefasst, am 21. Januar zur Nachbarinsel Tahuata weiterzuziehen.
08.11-14.12.22 Gambier-Inseln, Französisch-Polynesien
Viel passiert ist nicht in den vergangenen Tagen. Unser Hauptankerplatz ist Rikitea, die „Hauptstadt“ der Inselgruppe. Hier kann man ein sehr begrenztes Warenangebot in den kleinen Einkaufsläden erstehen, es gibt sportliche Wandermöglichkeiten auf teilweise sehr steilen Wegen und mit den nach und nach auftauchenden neuen Segelbooten ergeben sich meist sehr interessante Kontakte.
Fast alle Boote, die zumeist von den nördlicher gelegenen Tuamotus und den Marquesas kommen, wollen weiter nach Chile/Patagonien. Wir dagegen wollen zu den Marquesas und so profitiert jeder vom Spezialwissen des anderen.
Recht nebulös gestaltet sich die Suche nach dem sagenhaften Baguette, was im Ort irgendwann und irgendwo verkauft werden soll. Tauchen wir in den einschlägigen Läden morgens auf, ist es anscheinend immer bereits ausverkauft. Man muss dazu sagen, dass das Leben im Ort auf merkwürdige Weise bereits am frühesten Morgen beginnt. Die Sonne erscheint entsprechend der hier etwas unpassenden polynesischen Zeit bereits um 4 Uhr morgens und verabschiedet sich dann auch schon wieder gegen 18.30 Uhr. Diesem Rhythmus hat man sich angepasst und so knattern die Mopeds bereits ab 4-5 Uhr durch die Gegend. Deshalb sind dann manchmal die Backwaren gegen 6 Uhr, wenn wir auf der Bildfläche erscheinen, ausverkauft und die Bordbackstube wird angeheizt. Hin und wieder gelingt es aber doch: Seltsamerweise werden auch wir zwischen 5 und 6 Uhr wach und wenn man dann gleich ins Dinghy springt und zum jetzt noch geöffneten „Bäcker“ (eine garagenartige Halle) rudert, hat man gelegentlich noch eine Chance.
Alle anderen Produkte, die der Einzelhandel für den anspruchsvollen Segler bereithält, sind allerdings so teuer, dass es etwas schmerzt. Zum Beispiel kostet eine Flasche Wein zwischen 20-40 Euro, ein kleines Stück Industriekäse ca. 8 Euro und ein Kilo Kartoffeln 6 Euro. In der Gesamtkalkulation geht das aber schon irgendwie klar, da es an jeglichen Möglichkeiten mangelt, sein Geld für nächtliche Ausschweifungen aus dem Bordfenster zu werfen. Außerdem erleben wir immer wieder die Vorzüge polynesischer Freude am Schenken. Der Gipfel diesbezüglich war ein Fischer, der uns beim Abendspaziergang heranwinkte und uns einen riesigen Thunfisch schenkte. Er war nicht zu bewegen, hierfür Geld anzunehmen. So freuten wir uns und teilten brüderlich mit unseren kanadischen Nachbarn. Für drei Tage war die eher vegetarische Kost an Bord des Segelschiffes Esmeralda durch Thunfisch in allen Darreichungsformen aufgebessert. Ansonsten gestaltet sich die Bordküche wegen der begrenzten Möglichkeiten erfinderisch: Aus grünen unreifen Papayas kann man einen schmackhaften weißkohlähnlichen Salat basteln. Saure, unreife Mangos verwandeln sich in Chutney und Bananen, die man immer staudenweise kauft bzw. bekommt und somit sich an wenigen Tagen inflationär Bananenberge bilden, kann man braten, trinken und sogar roh essen! Aus den überall wachsenden und damit auch herumliegenden Limetten kann man Limonade und Dressings herstellen und besonders freuten wir uns über die fast erdbeergroßen Himbeeren im Wald, aus welchen Marmelade gekocht wurde.
Aber es wird auch anderweitig volkswirtschaftlich wichtige Arbeit an Bord verrichtet! Durch die hohe Feuchtigkeit und die niedrigen Temperaturen (Kältebrücken!) in Patagonien, hatte sich unser bisher so freundlicher Salon (der Innenraum) in eine finstere Höhle verwandelt. Das nasse Holz dunkelte nach und wurde sogar an einigen Stellen wellig. Noch in Valdivia hatten wir Lack gekauft und nun, nachdem jegliche Feuchtigkeit sich in der südpazifischen Luft aufgelöst hatte, wurde geschliffen und gestrichen.
Allerdings erwiesen sich die vom Fachmann empfohlene Gallone PUR-Lack als mengenmäßig deutlich übertrieben. Auch nach Streichen fast sämtlicher Holzflächen an Bord (einschließlich Bodenbretter) ist die Büchse immer noch fast voll, so dass selbige sich über ein weiteres Mitreisen auf dem Segelboot Esmeralda freuen kann. Und die Besatzung freute sich nach mehr als einer Woche Baustelle, Farbgeruch und klebriger Hände über ein wieder freundliches Innenleben (des Bootes).
Aber da wir auch manchmal aus dem tristen Alltag ausbrechen müssen, besuchen wir weitere Nachbarinseln des Gambier-Archipels. Die Flughafeninsel Totegegie (hier landet nur 1-2x pro Woche ein Flugzeug) ist wunderschön, aber der Ankerplatz sehr unruhig. Die Insel Akamaru bietet nun alles, was eine Südseeinsel aufbieten kann: Eine blaue Lagune, ein kleines Dörfchen mit gepflegten Gärten, Wegen und einer Kirche und ein schönes Riff mit bunter Unterwasserwelt.
Außerdem gelingt es uns, hier mal wieder ein paar Kokosnüsse vom Baum zu pflücken. Wir genießen das gute Kokoswasser!
„Und Tiere?“ hören wir es aus dem Auditorium schallen! „Gibt es auch Tiere?“
Ja, auch Tiere! Allerdings nicht in so großer Zahl wie erwartet und nicht in der großen Vielfalt wie in Südamerika. Im warmen Wasser der Lagune tummeln sich manchmal Baby-Haie. Fast schon einen Meter groß sehen sie mit ihrer klassisch aus dem Wasser ragenden Flosse recht gefährlich aus, sind sie aber doch eher scheu und auf deutlich kleinere Beute aus. Auch die Eltern sind manchmal zu sehen. Mit dem Wissen, dass es sich um recht ungefährliche Riffhaie handelt, kann man die Schönheit dieser Tiere sehr genießen. Lästiger sind da schon unsere Untermieter! Seit Ankunft in Französisch-Polynesien leben in wechselnder Zahl sogenannte Schiffshalter unter unserem Schiff. Diese bis zu einem Meter große Fische können sich mit einem Saugapparat an Schiffe oder auch Wirtstiere heften und letztere normalerweise von Parasiten befreien. Uns missfällt die Distanzlosigkeit der Kameraden, sind sie doch sofort zur Stelle, wenn wir ein Bad nehmen. Man wird umschwärmt und gerne knabbern sie auch schon mal an diversen Körperteilen. Unangenehm!
Die Riffe wirken auch hier, wie in vielen anderen Regionen bisher, eher siechend und so gibt es in Folge dessen nur eine begrenzte Menge kleinerer Fische.
Die Wälder sind erstaunlicherweise voller Hühner und Hähne. Auch fernab jeglicher Zivilisation begegnet man dem Federvieh, welches sich anscheinend für die wilde, aufregende Freiheit entschieden hat. Hilfreich erweist sich sicherlich, dass die Hühner im Ort überall frei herumlaufen können (Wie findet man da eigentlich die Eier?), dass sie in Französisch-Polynesien sogar fliegen können (man sieht selbige oft auf Bäumen) und dass es anscheinend keine Feinde im Wald gibt.
Die Menschen sind hier anscheinend relativ wohlhabend, was man an den auf der kleinen Insel herumfahrenden großen Autos sehen kann. Viele Polynesier, insbesondere Frauen, sind enorm übergewichtig. Da hatten wir doch irgendwie andere Vorstellungen gehabt…
Der Wohlstand ist sicher auf die Unterstützung durch das Mutterland Frankreich, aber vor allem durch die vielen Perlenfarmen zu erklären. Für die Zucht von Muscheln scheint es hier in der Lagune die besten Bedingungen zu geben. Allerdings ist diese Arbeit recht aufwändig: Zuerst muss der Laich aufgefangen werden, um daraus Muscheln zu züchten. Sind diese groß genug, werden sie vorsichtig geöffnet und ein kleiner Perlmutt-Fremdkörper in das Muschelfleisch gebracht. Dann wird die Muschelschale angebohrt und mehrere Muscheln übereinander an einer Leine befestigt. Nach ungefähr einem Jahr, in dem die Muschel versucht hat, den Fremdkörper durch Perlmuttanlagerung zu umschließen, kann man die Perle entfernen. Sämtliche Perlen werden nach Tahiti gebracht, dort begutachtet und aufgekauft. Zum Dank für ihre Arbeit wurde bisher das Muschelfleisch dann noch als Delikatesse verkauft. Wir hörten, dass in diesem Jahre nicht genügend Laich aufgefangen wurde und somit die Muscheln ein weiteres Jahr in der Perlenproduktion beschäftigt sind. Wie schon einmal erwähnt, stellt die Perlenzucht für den Segler eine Herausforderung dar, da fast die gesamte Lagune mit Netzen und Muschelbänken zugeparkt ist und man sehr vorsichtig diese Hindernisse umfahren muss.
Weihnachten wird ja überall gefeiert und auch die Besatzung des Segelschiffes Esmeralda versucht nun langsam in diese romantische Stimmung zu gelangen. Durch das Auftauchen von reichlich Plastikspielzeug in unserem Einkaufsladen JoJo und dem Besuch einer stimmungsvollen Weihnachtsfeier in der hiesigen Sporthalle wird uns dies erleichtert. Somit wollen wir es auch nicht versäumen, unserer lieben Leserschaft eine besinnliche Weihnachtszeit zu wünschen! Bis bald wieder an gleicher Stelle! Eure Esmeralda-Crew!
27.10. – 07.11.2022 Gambiers, Französisch Polynesien
Am nächsten Morgen wagen wir nun auch den ersten Landgang. Sehr locker und freundlich werden wir von der Gendarmerie empfangen. Dank Corona waren ja schon lange keine Segelboote mehr hier und so ist man sich etwas unschlüssig, was zu tun ist. In den nächsten Tagen werden wir noch mehrfach beim Vorbeigehen in das Büro gebeten um noch ein vergessenes weiteres Formular auszufüllen. Im Endeffekt dürften wir jetzt 2 Jahre hierbleiben, was uns sehr beruhigend vorkommt.
Auch die wohl überwiegend polynesischen Einwohner des Dorfes sind sehr freundlich und wir fühlen uns sofort wohl hier. Anscheinend sind wir im Paradies gelandet und dass es im Paradies erst einmal kein Internet und auch Dank des defekten Bankautomaten kein Bargeld gibt, muss man dann halt hinnehmen. Bargeld gibt es dann wieder irgendwann, Internet bleibt ein dauerhaftes Problem. Einen Vormittag verbringen wir in einem Büro des Gemeindeamtes und werden von der netten Kollegin nicht nur mit einem – wie überall hier sehr langsamen- Internetzugang, sondern auch mit Crepes und Kaffee versorgt.
Wir sind erst einmal sehr froh, mit der Familie zu Hause Kontakt aufnehmen zu können, war doch schon auf Rapa Nui und Pitcairn diese Möglichkeit erheblich eingeschränkt.
Die vulkanisch entstandenen Gambier-Inseln bestehen aus ca. 9 größeren und vielen kleineren Inseln, welche durch ein Riff umgeben sind, das als Wellenbrecher für die Pazifik-Welle ruhige Verhältnisse in der Lagune schafft. Weiterhin bieten die hohen Berge vor dem manchmal kräftigeren Wind reichlich Schutz. Dank der östlichen Lage ist auch die Zyklon-Gefahr für die Sommermonate eher gering. Den letzten Wirbelsturm hatte es in den 70er Jahren des letzten Jahrtausends gegeben. Da die Zyklon-Saison nun im November beginnt, können wir also hier erst einmal verschnaufen.
Aber nicht nur die relative Sicherheit, sondern auch die wunderbare Natur macht den Reiz der Inselgruppe aus. Wir durchwandern die Hauptinsel Mangareva, haben wunderbare Ausblicke von den Berggipfeln, klettern den Gebirgspass entlang, welcher zeitweise so halsbrecherisch verläuft, dass man sich an vorhandenen Seilen hoch- oder hinabhangeln muss und genießen das reichlich vorhandene Obst, welches meist am Wegesrand wächst.
Grapefruits, Bananen, Litchis, Orangen, Limetten, Mangos, Papayas: Alles ist reichlich vorhanden und wir bekommen ungefragt so viel Obst geschenkt, dass wir uns zeitweise fast nur noch von den immer massenhaft reifenden Bananen ernähren. Nach so vielen Tagen auf See, zumeist ohne frisches Obst und Gemüse, ein Genuss!
Auch auf der Nachbarinsel Aukena, wo wir ein paar Tage vor Anker liegen, geht es uns genauso. Schwer beladen kehren wir nach einem Spaziergang wieder zurück. Anspruchsvoll ist jedoch das Navigieren zwischen den Inseln. Haupteinnahmequelle ist für die Bevölkerung in dieser Gegend die Perlenzucht. Die dafür nötigen Zuchtanlagen werden über das ganze Riff verteilt und durch eine Boje markiert. Somit ist ständig ein Besatzungsmitglied damit beschäftigt, bei der Fahrt durch das Riff nicht nur nach Korallenbänken, die meist ungenau in den Karten markiert sind Ausschau zu halten, sondern vor allem muss der Steuermann um die unendliche Zahl von Bojen gelotst werden. Spannend!
Das Nachtleben in Rikitea lässt etwas zu wünschen übrig! Es gibt 3 Restaurants, welche in der Woche nur mittags (nicht unsere favorisierte Essenszeit) geöffnet haben. Am Wochenende öffnet dann jedoch ein Restaurant auch am Abend. Allerdings sitzen wir dann immer alleine an einem der freien Tische, während viele Dorfbewohner sich ihr Essen verpackt nach Hause holen. Eigentlich schade!
Schnell lernen wir aber trotzdem Menschen näher kennen. Bernard und Marie, die uns auf Aukena mit Früchten beschenkten, besuchen uns am nächsten Tage auf dem Boot zu Kaffee und Kuchen.
In Rikitea lernen wir Juilette und Titouan kennen, zwei französische Segler, die sich entschieden hatten hierzubleiben und uns mit einem weiteren Internetzugang und vielen nützlichen Tipps versorgen. Eine weitere wichtige Persönlichkeit für uns im Ort ist Fritz! Fritz ist Deutscher, landete aber in jungen Jahren in der Fremdenlegion und blieb hier in Rikitea hängen. Seine polynesische Ehefrau ist leider vor vielen Jahren gestorben und so lebt er hier umsorgt von seinen 6 Töchtern und vielen Enkeltöchtern (tatsächlich haben wir nur einen weiteren Mann in Form eines Ehemannes hier angetroffen). Auch Fritz kann uns in seiner Funktion als Transocean-Kontaktperson viele nützliche Tipps geben. Wir verbringen viel Zeit gemeinsam und konnten so auch unser Repertoire an deutschen Schlagern der 50er und 60er Jahre auffrischen.