23.12.23 – 30.01.24 Majuro-Marshalls-Mastarbeiten
Wenn man unter Zeitdruck – schließlich erwarten wir im Frühjahr Besuch in Indonesien – sein Rigg erneuern will, sollte man das nicht unbedingt Ende Dezember in Angriff nehmen. Europa macht Urlaub und hat momentan ganz andere Sorgen. Unsere Großbestellung in England haben wir noch vor Weihnachten aufgegeben in der Hoffnung, dass alles noch vor den Feiertagen auf die Reise geht. Es kommt natürlich ganz anders. Der am Telefon etwas verkatert wirkende Sales-Manager übermittelt uns die falsche Konto-Nummer und da England leider nun EU-Ausland ist, dauert eine solche Überweisung eh´ schon eine Weile und bis wir das dann mitbekommen (Geld kam zurück) ist dann der Dezember fast rum. Nun sind aber auch nicht alle Teile vorrätig und der Lieferant der Riggfirma macht…??? Na, klar: Urlaub!!! So zieht sich alles hin. Zum Glück hatten wir bereits in Deutschland einige dort verfügbare Teile bestellt, als ein Teil der Esmeralda-Besatzung im Heimaturlaub war. Leider kam die Lieferung zu spät, so dass sie nun bei der Familie in Deutschland herumlungert. Aber dieses Paket kann uns ja doch schnell zugeschickt werden, so dass wir schon mal beginnen können. Tja… Wir verstehen auch heute noch nicht, was eigentlich mit dieser Sendung passiert ist. DHL nimmt das Paket entgegen und dann liegt es beim Zoll. Da der Warenwert 1000,- Euro übersteigt, muss der Zoll hier irgendwas machen, braucht dafür aber irgendeine Nummer. Anscheinend können Privatpersonen eine solche Nummer jedoch nicht bekommen, so dass eine hoffnungslose Lage entsteht. Da auch hier in Deutschland die Beamten sich von ihrer verantwortungsvollen Arbeit bis zum 8. Januar erholen, wird die Lösung des Problems verschoben. Es sei schon jetzt erwähnt, dass es keine Lösung gab, zum Glück aber das Paket nach Wochen der Lagerung irgendwo in den Weiten des Systems wieder abgeholt werden durfte. Diese Teile haben wir dann auch in England bestellt und die deutsche Lieferung ging an die Firma in Hamburg zurück.
Der geduldige Leser wird verstehen, dass hier jemand seinen Ärger mal ins Netz stellen musste. Aber um dies abzuschließen: Alle Teile erreichten uns letztendlich. Die Rekord-Lieferzeit für das 2. Paket war 4,5 Tage von England nach Majuro. Schneller geht es innerhalb Deutschlands doch auch nicht, oder? Und die internationale Abteilung von DHL funktionierte grandios. Völlig unproblematisch ohne Zusatzkosten konnten wir hier alle großen und kleinen Pakete beim DHL-Servicepoint in Empfang nehmen, mit einem Taxi (die überlangen Teile ragten zu beiden Seiten aus dem Seitenfenster) zum Dinghy-Anleger bringen und dann letztendlich zur etwas angeschlagenen Esmeralda schippern.
Schritt für Schritt konnten am stehenden Mast alle Wanten und die Rollfockanlage ausgetauscht werden. Der kundige Leser wird sich vorstellen können, dass dabei eine große Zahl von Überraschungen auf uns warteten, doch für alles konnte eine befriedigende Lösung gefunden werden. So fanden wir in dem einzigen Betrieb, der Metall auf den Marshallinseln bearbeitet (PII, Pacific International Inc.) ein passendes Rohrstück, aus welchen wir uns Hülsen zum Ausgleich der unterschiedlichen Durchmesser basteln konnten. Der Kunde darf unbehelligt durch die Fabrikhallen schlendern, welche ungefähr so aussehen, wie die Krupp-Werke im Mai 1945 aussahen und mit einem Messschieber sich die passenden Teile zusammensuchen.
Die Hilfsbereitschaft der amerikanischen Segler war überwältigend. Immer stand ein kompetenter Kollege zur Verfügung, wenn Rat oder ein paar zusätzliche Hände gebraucht wurden. Bei der Arbeit wie auch beim abendlichen gemeinsamen Budweiser kamen wir uns näher, lernten die englischen Fachausdrücke für die Riggteile und erfuhren mehr über das Leben unserer Freunde. Tatsächlich konnte das Projekt nach unzähligen Mastbesteigungen am 27.1. dann abgeschlossen werden. Wir sind sehr glücklich, nun endlich wieder ein sicheres Rigg und eine wunderbar funktionieren Rollfockanlage (Furlex) zu haben. Außerdem haben wir auch viel gelernt in dieser Zeit.
Die Riggarbeiten beginnen:
Der tägliche Blick auf einige hier seit Jahren hängen gebliebenen Booten (eher Wracks) -manchmal leben sogar noch Menschen auf diesen Vehikeln- schärfte unseren Blick für so einige Missstände auf unserem Schiff.
So haben wir noch weitere Projekte in dieser Zeit bewältigen können. Aus einem von Amazon-USA gelieferten Sonnensegel konnten wir uns ein neues Bimini (Sonnenschutz) schneidern. Das alte war nach mehr als 5 Jahren hartem Einsatz recht zerschlissen. Aus entsetzlich hässlichen Jogging-Hosen aus dem Supermarkt entstanden elegante Fenderhüllen. Das Großsegel, nach vielen Jahren in Wind und Sonne etwas vorgealtert, wurde vermessen und ein neues in einer südostasiatischen Segelschneiderei in Auftrag gegeben. Naja, und noch so einiges mehr… Interessiert vermutlich im Detail dann doch nicht alle.
Die Dauerlieger vor Majuro haben sich in einem Segelclub (Yachtclub Mieco Beach) organisiert. Man trifft sich regelmäßig, bespricht in den täglichen morgendlichen Funkrunden die Aufgaben des Tages und zumeist auch nicht so Bedeutsames und es gibt sogar eine Web-Seite (Sailingmarshallislands.com). Diese war nun in einem bedauernswert-veralteten Zustand und so wurde seitens des Yachtclubs die Frage an die IT-Abteilung des Segelbootes Esmeralda herangetragen, ob man da helfen könnte. Man konnte! Viele Stunden vor dem Rechner hatten sich gelohnt und zur Zufriedenheit aller Yachtclub-Mitglieder (auch wir wurden übrigens für schlappe 20 Dollar Mitglied) erstrahlte die Seite bald in neuem Glanze! Es war ein schönes Gefühl, bei all der Hilfsbereitschaft, die uns gegenüber gezeigt wurde, auch etwas zurückgeben zu können.
Es wurde übrigens nicht nur gearbeitet in all der Zeit. Weihnachten zum Beispiel gab es das bekannte hochaufwändige und extrem schmackhafte Weihnachtsessen an Bord des Segelschiffes Esmeralda.
Am 25.12. fand die große Segler-Weihnachtsparty statt. Jedes Boot brachte ein selbstgekochtes Gericht mit und so gab es ein großes Spektrum der amerikanischen Weihnachtsküche zu erleben. Ein wirklich wundervoller Tag, der melancholische Gedanken an die Familie in der Ferne wieder vertreiben konnte.
Silvester gab es dann in Majuro ein großes Straßenfest. Überall wurde selbst zubereitete Nahrung angeboten. Alkohol wurde übrigens erst ab Mitternacht verkauft, da an Sonntagen strikte Verkaufseinschränkungen hierfür herrschen.
Auch einen kleinen Urlaub haben wir gemacht. In sicherer Entfernung zur Hauptstadt Majuro fanden wir vor schönsten Palmenstrand einen Ankerplatz mit tiefblauem Wasser, reichlich vorhandener Fischwelt, Korallen und auch aufregenden Tauchobjekten. So kann man eine noch recht gut erhaltende DC-3, 2 Helikopter und ein größeres Schiffswrack bewundern. So recht war die Geschichte dieser Sehenswürdigkeiten nicht herauszubekommen. Bekannt ist aber, dass die US-Armee nach dem 2. Weltkrieg und auch nach Beendigung des Vietnamkrieges sich großer Mengen Kriegsschrotts auf dieser Weise entledigt hat.
Und sonst? Wir gehen morgens hin und wieder joggen, was einem permanenten Kampf gegen die völlig verwirrten Hunde gleichkommt. Auch die Menschen schauen erstaunt. So etwas kennt man/Hund hier nicht. Einmal in der Woche ist Seglertreffen in einem der vielen Restaurants. Ohne großes Programm kommt man mit allen Nachbarn ins Gespräch, trinkt Budweiser und genießt sein Abendessen. Viele Segler haben tatsächlich Jahre auf diese Weise hier verbracht. Irgendwie beschleicht uns die Angst, dass wir für immer hierbleiben müssen. So setzen wir uns mutig ein Datum für die Abreise. Am 30.1. klarieren wir aus, verabschieden uns sehr herzlich von unseren neuen Freunden und Bekannten und werden am 31.1. Majuro in Richtung Mikronesien verlassen. Die Marshalls werden als sehr besonderer Platz auf dieser Welt in unseren Erinnerungen bleiben.
17.11. – 05.12.23 Kiribati-ein Paradies im Müll
Der Start in Funafuti im heftigen Regen ist kein gutes Vorzeichen für die anstehenden mehr als 700 Meilen bis Tarawa/Kiribati. Tatsächlich bleibt das Wetter auch die ersten Tage so: Regen, wechselnde, meist schwache Winde, wenig Sonne und irgendwann überqueren wir auch den Äquator (wir haben es verschlafen, darum gibt es auch kein Foto vom Äquator).
Wenn denn der Wind mal auffrischt in regelmäßigen Sqalls, dann kommt er von vorne und nützt auch nicht so viel. Allerdings ändert sich dies in den letzten Tagen der Reise: Das Meer ist fast spiegelglatt, der Wind säuselt so dahin, jedoch aus der richtigen Richtung und da uns die Zeit nicht im Nacken sitzt, segeln wir entspannt unserem Ziel entgegen und haben nicht gerade in Rekordzeit irgendwann das Atoll Tarawa vor Augen.
Kiribati (übrigens wird es in der Landessprache „Kiribass“ ausgesprochen) kündigte sich schon lange bevor eine Insel auftauchte durch reichlich Plastikmüll im Wasser an. Und so ist auch der erste Eindruck, nachdem wir die Einklarierung relativ schnell absolvieren konnten und an Land durften, dass diese Insel im Müll erstickt. Insbesondere im Süden ist die Insel gnadenlos überbevölkert. Die Menschen wohnen in offenen Hütten dicht an dicht und im Umfeld dieser Behausungen stapeln sich Müllsäcke, Autowracks und Plastikflaschen. Dazwischen spielen unbekümmert Kinder in großer Zahl; alle scheinen sich an diesen Zustand gewöhnt zu haben.
Gemeinsam mit unseren englischen und amerikanischen Mitseglern nehmen wir an einer 2.Weltkriegs-Führung über die Insel teil. Tarawa war vom 20.-23.November 1943 Austragungsort einer der Entscheidungsschlachten im Pazifik. Die von den Japanern besetzte Insel versuchte sich einer Invasion der Amerikaner erfolglos zu wehren, am Ende fanden 6400 Japaner, Koreaner und US-Soldaten den Tod. Die japanischen Besatzer kämpften gnadenlos bis zum letzten Mann und so gab es letztendlich auf dieser Seite kaum Überlebende. Noch immer ist die Insel reichlich mit Kriegsschrott und Bunkern gesegnet. So ragt bei Ebbe ein Sherman-Panzer aus dem Sand, viele Geschütze und Maschinengewehre scheinen noch auf eine Fortsetzung der Kämpfe zu warten und reichlich grauer Beton wurde von den Bewohnern als Teil ihrer Behausungen einer zivilen Nutzung zugeführt.
Tarawa, die Hauptstadt des Landes, ist ja nicht unbedingt die Perle der Pazifikinseln. Wir wollen wenigstens noch mal eine andere Insel des Landes besuchen und fahren zu diesem Zwecke mit dem lustigen und immer überfüllten Kleinbus zur Immigrationsbehörde. Die Staatsmacht verlangt, dass man sich eine schriftliche Genehmigung hierfür einholt, was wir natürlich artig machen. Wir füllen die Formulare aus und sollen am nächsten Tage wiederkommen, da man schließlich solch wichtige Dinge nicht an einem Tag erledigen kann. Wir protestieren, wollen wir doch schon am nächsten Tage aufbrechen. Es ist ja schon lästig genug, dass man zum Ausklarieren immer wieder nach Tarawa zurückkehren muss. Tatsächlich lässt die Dame sich erweichen und wir dürfen am Nachmittage wiederkommen. Nun muss diese Zeit überbrückt werden: Sehenswürdigkeiten gibt es nicht, kein Café, keine Bar; notgedrungen durchstreifen wir den chinesischen Einkaufsmarkt. Am Nachmittage warten wir natürlich noch einmal eine Stunde in der Behörde und dann halten wir ein Blatt Papier in der Hand, welches uns erlaubt, zur Nachbarinsel Abaiang zu segeln. Witzigerweise treffen wir im Büro die philippinische Köchin unseres Stammrestaurants (es ist auch das einzig empfehlenswerte in unserem Ort) und schließen Freundschaft. Sie lädt uns nach der Rückkehr von Abaiang zu einem Spezialessen in das Hotelrestaurant ein.
Dort -auf Abaiang- ist es dann aber tatsächlich schön. Weniger Menschen, kaum Müll und hübsche Häuschen entlang der Hauptstraße. Ein paar Tage zuvor hatten wir Nick, einen Schweizer, im Einkaufsmarkt in Tarawa getroffen, der auf Abaiang lebt und uns zu sich eingeladen hat. Wir ankern also vor seinem Haus, gut erkennbar an der Schweizer Flagge und verbringen ein paar Tage mit Nick und seiner Frau Lisa. Wir sind immer wieder erstaunt, wo man überall Schweizer trifft und zweifeln ernsthaft an, dass es tatsächlich weltweit nur gut 8 Millionen der Eidgenossen geben soll. Jedenfalls haben wir viel Spaß miteinander, bekochen uns gegenseitig und erfahren viel über das Leben in Kiribati.
Zurück in Tarawa gibt es mal wieder ein Reparaturproblem zu klären. Unsere Lichtmaschine lud bei Motorfahrt in den letzten Tagen kaum noch die Batterien und beteiligt sich jetzt überhaupt nicht mehr am Energiehaushalt des Segelschiffes Esmeralda. Unsere Versuche, mit Bordmitteln und durchschnittlichem Verständnis der Funktionsweise des Gerätes das Problem zu lösen, schlugen fehl und so hoffen wir, hier eine Werkstatt zu finden, die die Lichtmaschine wieder zusammenflicken kann.
Unerwarteterweise gestaltet sich vor allem die Problembeschreibung als sehr kompliziert. Zuerst erklären wir der Managerin des Hotels, in dem wir ein fürstliches Mahl von unserer philippinischen Köchin genießen durften, in einem langen Monolog unser Problem. Die kurze Antwort ihrerseits lautet: „Oh, ihr Auto ist kaputt?“ und wir erkennen, dass wir hier fehl am Platze sind. Nicht anders ist es beim Chef der Tankstelle. Er verweist uns an seine 3 Damen, die fleißig hinter dem Tankstellentresen mit ihren angeklebten Fingernägeln auf ihren Fernsprechgeräten herumkratzen. Wir versuchen unser Problem verständlich zu machen, aber schon die Unkenntnis über eine eventuelle Ortsvorwahl für den Nachbarort, wo sich eventuell eine Werkstatt befinden könnte, lähmt den Fortschritt und das Nichtvorhandensein eines Telefonguthabens ist dann das Aus für das Projekt. Leider haben wir unser Telefon nur mit Datenvolumen aufgeladen, so dass Telefonieren nicht möglich ist. Bisher haben wir den Eindruck, dass keiner auch nur eine leise Ahnung hatte, was eine Lichtmaschine ist. Die Zeit rinnt dahin und es gelingt uns einfach nicht zu erkennen, ob ein Befragter überhaupt uns verstanden hat und ob er/sie überhaupt noch an einer Problemlösung arbeitet oder sich nicht doch schon mit ganz anderen Dingen beschäftigt. So ist es dann auch bei einer weiteren Befragten, welche eigentlich in einem Logistic-Unternehmen arbeitet, welches nun aber durch fehlendes Internet-Volumen (!!) gerade nicht in der Lage ist, irgendwie zu helfen. Sie hat dann aber die Idee, dass wir ihr für wenig Geld ihr auch abgelaufenes privates Telefonvolumen auffrischen könnten und sie sich dann kümmern würde. Ob sie wirklich weiß, was wir eigentlich wollen, ist nicht erkennbar.
Wir laufen gemächlichen Schrittes durch das halbe Dorf (es soll anscheinend ein ganz spezieller Laden sein, den sie bevorzugt) und hier muss erst einmal jemand in einen anderen Laden geschickt werden, da ein Rubbelkärtchen zur Volumenaufstockung hier nicht angeboten wird. Man schiebt uns 2 Stühle hin und wir verstehen, dass wir warten müssen. Ungefähr eine knappe Stunde später haben wir mit ihrem Telefon in 2 angeblichen Werkstätten angerufen und dort nur unverständliches Gestammel zu hören bekommen. Das waren auf jeden Fall keine Experten für Reparaturen. Aber jetzt ist der Ehrgeiz der Dame samt der 3 Verkäuferinnen geweckt. Irgendwann hat anscheinend der Freund einer der Damen einen Namen eines Mannes in die Runde geworfen, der sich mit technischen Dingen auskennt. Nun muss noch der Kontakt hergestellt werden: Da eine Telefonnummer anscheinend nicht zur Verfügung steht, setzt sich sogar eine der Damen auf ihr Motorrad und besucht den Herren. Mittlerweile ist es Mittag und unsere freundliche Dame ist jetzt schon seit Stunden von ihrem Arbeitsplatz verschwunden. Anscheinend ist das kein Problem?!
Aber nun geht alles sehr schnell: Der kundige ältere Herr erwartet uns an einem zentralen Punkt des Ortes und wir fahren mit dem Dinghy zum Boot. Wir bauen die Lichtmaschine aus und er nimmt sie mit, um diese mit einem Freund zusammen zu überprüfen. Irgendwie sind wir sehr skeptisch und haben keine große Hoffnung. Auf jeden Fall wollen wir aber, ob mit oder ohne funktionierende Lichtmaschine, am nächsten Tage in Richtung Marshall-Insel aufbrechen. So nutzen wir die Zeit, um unsere Freunde vom Immigrationsbüro aufzusuchen und auszuklarieren. Nach der Rückkehr aus dem Nachbarort treffen wir unseren kundigen Herren (den Namen konnten wir uns nicht so richtig einprägen) zufällig unterwegs. Die Lichtmaschine soll funktionieren und wir fahren zum Boot zurück. Der Einbau geht schnell, wir starten den Motor und, oh Wunder, die Batterien werden geladen. Unser Held hat wirklich Großes geleistet und wird dafür ausgiebig gefeiert! Wir sind sehr glücklich und müssen jetzt nur noch schnell zur Ausklarierung zum Zoll. Da auch hier wie im Immigrationsbüro der ach so wichtige Kopierer nicht funktionieren will, zieht sich die Prozedur über 2 weitere Stunden hin. Und dann ist es soweit: Wir sind frei und können ohne Baustellen Kiribati verlassen.
Kiribati war für uns ein recht widersprüchliches Land. Die Menschen sind sehr freundlich und hilfsbereit, die Hauptinsel jedenfalls auch versorgungstechnisch besser ausgestattet als erwartet. Aber der unbeschreibliche Müll überall, die ätzende Bürokratie und die Unbedarftheit des überwiegenden Teils der Bevölkerung hinterlässt bei uns etwas Nachdenklichkeit, als wir uns am nächsten Morgen unter Segeln vom Hauptort Tarawa entfernen. Wie will dieses Land den Klimaveränderungen der Zukunft entgegentreten? Wird Kiribati in den nächsten Jahren von der Landkarte verschwinden und ist sich tatsächlich der größere Teil der Bevölkerung dieser Gefahr bewusst? Die gängige Antwort auf unsere diesbezüglichen Fragen war, dass man jeden Tag für den Erhalt der Heimat betet. Ob das wohl reicht?
05.12. – 22.12.23 Marshall-Inseln- Hart erkämpftes Ziel
Es sind nur 380 Meilen bis nach Majuro, der Hauptstadt der Marshall-Inseln. Das Wetter passt und so sollte es doch keine größeren Probleme geben. Doch schon am ersten Abend kündigt sich Ärger in Form heftiger Squalls an, welche hauptsächlich auch eine sehr unangenehme Welle von voraus erzeugen (wir segeln am Wind, was bedeutet, dass der Wind schräg von vorne kommt). Am nächsten Tag wird es noch ärger: Eigentlich sind solche Sqalls nach 10-20 Minuten durch und es herrschen wieder normalere Bedingungen. Nun aber löst ein Starkwindereignis beinahe das nächste ab. Über ca. eine Stunde herrschen immer wieder Windstärken bis 50 Knoten und eine dementsprechende bösartige Welle. Und so geht es immer weiter. Anscheinend ist irgendwann unsere Rollfock-Anlage diesen Belastungen nicht mehr gewachsen und wird förmlich auseinandergerissen. Später sehen wir, dass unsere neuen, gerade erst im letzten Jahre ausgetauschten Unterwanten an den oberen und unteren Haltepunkten (Terminalen) angebrochen sind.
Wir versuchen, die Belastung für diese durch ein starkes, am Mast angebrachtes Dyneema-Seil zu reduzieren. Aber wir müssen jetzt hier durch, ein Zurück gibt es nicht. Wir können immer nur wieder, wenn es besonders heftig wird, vom Kurs abweichen, so dass der Wind und die Welle achterlicher kommen. Das heißt dann auch, dass die meiste Zeit von Hand gesteuert wird. Damit dann auch noch jeglicher Spaß beseitigt wird, regnet es in diesen Zeiten sintflutartig; die tapfere Besatzung des Segelbootes Esmeralda muss nun auch noch frieren. Zum Glück sind am nächsten Tage die Bedingungen etwas besser. Trotzdem kommt nun der nächste Nackenschlag (Was haben wir denn eigentlich verbrochen?): Unserem hydraulischen Achterstag-Spanner platzt eine Dichtung, das Öl ergießt sich über das Achterschiff und das Rigg erschlafft nun völlig. Wir bergen schnell die Genua (Aufrollen geht nicht mehr wegen defekter Rollfockanlage) und basteln einen mechanischen Achterstag-Spanner ähnlich einem Flaschenzug. Das Öl macht das Achterschiff zur Rutschbahn, was im Pazifikseegang zu permanenten Beinahe-Katastrophen führt.
Aber so kommen wir dann doch im ersten Morgenlicht des nächsten Tages durch den Pass in das Majuro-Atoll und können 2 Stunden später unseren Anker in den Meeresgrund vor der Inselmetropole bohren. Nun gilt es, die Behörden (Zoll und Immigration) auf uns aufmerksam zu machen. Unsere Rufe per Funk hört zwar nicht die Staatsmacht, aber die hier zumeist schon längere Zeit liegende vorwiegend amerikanische Seglergemeinde, welche sich als sehr hilfreich erweist. Letztendlich fährt Gary sogar direkt zur Immigration und fragt für uns nach, wie es weiter gehen soll. Feste Regeln gibt es wohl nicht. Mal sollen die Neuankömmlinge nicht an Land und die Behörde kommt an Bord und mal ist es halt anders. Bei uns ist es noch anders: Erst darf der Kapitän an Land und im Amt das Nötigste klären, dann wollen Zoll und Immigration auch noch an Bord und werden im Esmeralda-Dinghy verschifft. Aber, wie immer, alle sind sehr freundlich und so ist das nicht weiter schlimm.
In der täglichen Funkrunde am nächsten Morgen deuten wir unsere Rigg-Probleme an und sind begeistert, wie viele Segelfreunde ihre Hilfe anbieten. Wir hatten uns schon vor Monaten zu einem baldigen Riggwechsel wie auch dem Austausch der Rollreffanlage entschlossen und werden nun dies hier in Angriff nehmen müssen. Den nötigen Draht hatten wir schon auf Fiji gekauft, die auch nötigen Schraubterminals gab es dort nicht und müssen nun in Amerika bzw. Europa bestellt werden. In den nächsten Tagen wird viel gemessen, im Mast rumgeklettert und Lösungsmöglichkeiten für die vielen Kompatibilitätsprobleme gesucht. Als sehr hilfreich erweist sich die Webseite eines großen englischen Riggers. Hier findet man alle Maße und kann nun wie ein Puzzle all unsere Riggteile zusammenfügen. Trotz größerer Entfernung bestellen wir hier; die entsetzlichen Angaben der amerikanischen Rigger in Zoll, Inch und Fuß lassen uns verzweifeln. Wir sind uns im Klaren, dass wir hier nun eine Weile bleiben müssen. So wird dann auch noch eine Ersatzlichtmaschine auf die Reise geschickt und viele Klein- und Großteile aus dem postalisch-nahen Amerika bestellt.
Und die Marshall-Inseln? Wie ist es auf den Marshall-Inseln? Die Marshall-Inseln sind sehr amerikanisch. Trotz Unabhängigkeit gibt es viele Verbindungen zwischen den beiden Ländern und ca. die Hälfte der Landesbevölkerung lebt in den USA. Man geht hier ungern zu Fuß, leider gibt es keine Bürgersteige und es ist immer reichlich Verkehr auf der Hauptstraße des Ortes. Die kitschige Weihnachtsromantik des großen Brudervolkes hat sich auch hier durchgesetzt und man kann beim Einkauf im Supermarkt irre werden an den Variationen der dämlichsten Weihnachtslieder im Pop-, Rap- oder Schmusestil.
Schöne oder kitschige Weihnachtsbäume auf Majuro?
Die Menschen sind sehr freundlich, das Wasser auch in der Lagune blau und sauber und es gibt eine emsige Müllabfuhr, was uns aus verständlichen Gründen sofort auffällt.
In der Seglergemeinde trifft man sich regelmäßig mindestens einmal pro Woche in einem Restaurant zum Schwatz und Tratsch. Wir fühlen uns hier recht wohl. Wenn dann die Arbeitslisten abgearbeitet sind, wollen wir hier noch Tauchen und Schnorcheln. Auch hier hat der 2. Weltkrieg viele Spuren in Form von Wracks unter Wasser hinterlassen.
Am Wichtigsten ist aber das anstehende Weihnachtsfest! Boote in der Nachbarschaft haben die Latte für die Weihnachtsdeko recht hoch gehängt. Wir schmücken unseren Innenraum, planen das Weihnachtsmenü und freuen uns auf ein Weihnachtstreffen der Segler am 25.12.
Auf diesem Wege senden wir herzliche Weihnachtsgrüße in die Heimat. Passt auf euch auf, genießt die Tage und habt einen lustigen Jahreswechsel!