09.11.23 -16.11.23

Tuvalu!

Da wollen wir hin. 500 Seemeilen nördlich von Fiji, bestehend aus 9 Atollen.

Irgendwann aber leider nicht mehr. Mit nur 5 Metern über dem Meeresspiegel stehen die Zeichen schlecht. In einigen Jahren wird Tuvalu vom Meer verschluckt werden. Auch eine Sandaufschüttung, wie wir später entdecken, wird wohl nichts mehr aufhalten können.

Sandaufschüttung in Funafuti

War der Name nicht gerade in der Presse?

Ja genau! Australien hat kürzlich einen Vertrag mit Tuvalu unterzeichnet, dass sie die Menschen aufnehmen und ihnen ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht (Klimaasyl) einräumen werden.

Unser Ziel ist das Atoll Funafuti. Dort dürfen wir einklarieren.

Kurz vor der Passeinfahrt wird es nochmal ungemütlich. Der Himmel verdunkelt sich. Regen peitscht uns ins Gesicht. Wieder so ein verdammter Squall! Die Sicht ist gleich Null. Geduldig kreuzen wir vor der nicht erkennbaren Passeinfahrt hin und her und warten auf bessere Bedingungen.

Mittlerweile haben wir eine Routine beim Umgang mit Squalls entwickelt, hatten wir doch bei der Überfahrt mit so einigen zu kämpfen.

Zum ungefähren Ablauf:

Es tauchen Wolken auf. Dunkle Wolken. Die verdichten sich in kürzester Zeit. Der Himmel wird schwarz. Dann dreht der Wind in alle Richtungen, sodass man mit einer ständigen Segelanpassung beschäftigt ist. Dann plötzliche Stille, der Wind ist weg. Die Segel fangen an zu schlagen. Während man noch überlegt, ob die Segel eingerollt werden sollten, fängt innerhalb von Sekunden der Wind zu toben an. Windgeschwindigkeiten bis zu 35 Knoten sind da keine Seltenheit. Sinnflutartige Regenschauer begleiten meist das ganze Schauspiel. Nach ca. 10 Minuten ist der Spuk dann vorbei und es herrscht wieder Frieden.
Nach so einem Squall, kurz vor dem Ziel, können wir nun endlich durch den Pass. Delphine heißen uns Willkommen. Schöner Empfang und der vorausgegangene Stress ist schnell vergessen. Zum Ankerplatz haben wir es gerade noch beim letzten Tageslicht geschafft und das wohlverdiente Fiji Bitter schmeckt fantastisch. Willkommen in Tuvalu!

Funafuti auf Tuvalu

Die Einklarierung verläuft reibungslos. Alle sind sehr freundlich und nett. Nur die Wege sind recht weit. Zwischen Customs und Immigration liegen lange Laufstrecken, die wir bei brütender Hitze bewerkstelligen müssen. 35 Grad im Schatten, wenn er denn vorhanden ist. Außer uns läuft hier niemand. Wir sehen Einheimische rumlungern, rumstehen, rumsitzen, rumgammeln oder rumliegen. Vor den Häusern sowie in den Häusern. Meistens gibt es keine Türen, so ist der Blick ins Haus frei. Die Vorgärten sind voller Müll und Dreck. Gemütliches Wohnen kennt man hier wohl nicht. Matratzen sind alles, was in den Häusern zu finden ist. Hauptfortbewegungsmittel sind Mopeds und wenige Autos. Dazwischen laufen wir.

Hatten wir die Hitze schon erwähnt? Die Sonne hat kein Erbarmen. Dafür aber eine Frau, die uns beim Fragen nach dem Weg in ihrem Auto zum Customsbüro fährt. Am liebsten würden wir diesen Engel umarmen. Im klimatisierten Büro wollen wir gar nicht wieder weg. Was für eine Oase! Kann der Papierkram nicht einfach länger dauern?

Schweißgebadet machen wir uns auf den Rückweg und haben wieder unerwartet Glück. Eine Frau mit Moped und Anhänger, vollbeladen mit Kindern, nimmt uns mit zurück.

Wir gehen das nächste große Problem an. Auf Tuvalu gibt es keinen Geldautomaten. Wir brauchen aber Bargeld, denn Kreditkarten sind hier noch nicht entdeckt worden. Versuche, sich über Western Union und Co. Geld zu schicken, scheitern. Euros in Australische Dollars eintauschen geht, aber wir haben nicht mehr viele Euros und der Umtauschkurs lässt Magengeschwüre in uns wachsen, als wir in der Bank stehen. Das Dilemma bekommt eine Einheimische mit. Sie will spontan helfen und bietet uns Geld an. Wir sollen ihr das irgendwann wiedergeben. Wieder mal überwältigt von so einer Hilfsbereitschaft, kommen wir näher ins Gespräch und vereinbaren den Deal: Überweisung gegen Bargeld. Danke an den Rettungsengel hier auf der Insel und vielen Dank an den Rettungsengel aus Deutschland, der auch geholfen hat.

Nach ein paar Tagen Tuvalu sind wir etwas deprimiert. Es gibt hier einfach nichts zu tun. Keine Sehenswürdigkeiten, keine Wanderwege, keine netten Restaurants.

Hinzu kommt die unerträgliche Hitze!

Wir fragen uns, ob die Menschen wohl zufrieden sind? Uns kommt es so vor, als wenn man hier einfach nur dahinvegetiert. Macht das glücklich? Uns nicht.

Besucht man einen Supermarkt oder auch ein Restaurant, findet man meistens 1-2 Angestellte vor, die mit dem Kopf auf dem Tresen liegen. Stellt man eine Frage oder will gar etwas bestellen, wird der Kopf nicht mal angehoben, stattdessen  bekommt man eine kurze brummige Antwort. Der Kunde ist hier nicht König, sondern einfach nur lästig.

Eines der gemütlichen Restaurants auf Tuvalu

Die Begegnungen mit den Einheimischen auf der Straße sind dafür immer sehr nett. Alle sind freundlich und an uns interessiert. Vor allem die Kinder. Sie winken uns zu, begleiten uns und verwickeln uns oft in kurze Gespräche. Bei einem unserer schweißtreibenden Flaniergänge, entdecken wir ein Privathaus mit einem wunderschönen Gemüsegarten. Da frisches Gemüse selten zu finden ist, fragen wir nach, ob wir Salat kaufen können. Kaufen nicht, gab man uns zur Antwort, doch schenken würde man uns gerne einen.

Uns hat in den vergangenen Tagen noch ein weiteres Thema in Atem gehalten und Aufruhr gebracht. Der zweite Wirbelsturm in diesem Jahr, an dem wir gerade so vorbeischrammen.  „Mal“ zieht dicht an uns vorbei. Wir verlegen unseren Ankerplatz auf die Nordseite Tuvalus, um besseren Schutz vor Wind und Welle zu bekommen. Etwas besser, als den auflandigen Wind mit rolligen Wellen vor dem Dorf ausgesetzt zu sein. Dicht zog der Wirbelsturm an Tuvalu vorbei, Richtung Fiji. Während Fiji einiges mehr zu spüren bekam, haben wir nur Ausläufer mitbekommen, die uns aber auch eine schlaflose Nacht bereitet haben. Bangend sitzen wir im Cockpit und hoffen, dass der Anker hält. Er hielt!

Hurrikan Mal

Es gibt nur wenige Boote, die den Weg in den Norden gewählt haben, um dort die Hurrikanzeit zu verbringen. Umso schöner ist es, dass wir über eine App mit dieser Gemeinschaft kommunizieren und uns austauschen. So steht man mit Sorgen und Problemen nicht alleine da und wir wissen, dass den Booten, die noch nicht aus Fiji losgekommen sind, nichts Dramatisches passiert ist.

Trotzdem hat uns die Nacht mal wieder verdeutlicht, wie schutzlos wir den Naturgewalten ausgesetzt sind. Wir müssen dringend aus der Hurrikanzone raus.

Zum Glück haben wir die nächsten Tage passenden Wind, der uns weiter nach Norden bringen soll.